Brandenburg: Ex-SPD-Minister arbeitet für Tesla-Kanzlei

Jörg Steinbach lässt freiberufliche Tätigkeit zeitweise ruhen, Landesregierung prüft Interessenkonflikt

Den Spitznamen »Mr. Tesla« bekam Steinbach für seine Rolle bei der Ansiedlung des Unternehmens in Grünheide. Zwischen Ankündigung durch Elon Musk und Baubeginn lagen nur wenige Monate.
Den Spitznamen »Mr. Tesla« bekam Steinbach für seine Rolle bei der Ansiedlung des Unternehmens in Grünheide. Zwischen Ankündigung durch Elon Musk und Baubeginn lagen nur wenige Monate.

Der ehemalige Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg Jörg Steinbach (SPD) lässt seine freiberufliche Tätigkeit für die Anwaltskanzlei CMS Hasche Sigle vorerst ruhen. Die Tätigkeit Steinbachs wird von der Landesregierung auf einen Interessenkonflikt hin überprüft. Im Zuge der Ansiedlung des US-Unternehmens Tesla ist das Land Brandenburg von CMS beraten worden. In dieser Zeit hatten Kritiker*innen Steinbach den Namen »Mr. Tesla« gegeben. Der Elektroautobauer gehört zu den Kund*innen von CMS.

Der Entscheidung Steinbachs ging eine entsprechende Bitte der Landesregierung vom 1. August voraus. Der Ex-Minister soll darüber hinaus für eine Entscheidung »über eine mögliche Untersagung« eine Stellungnahme zur Sache abgeben. Gegenüber der »Märkischen Allgemeinen« hatte Steinbach erklärt, der Bitte nachzukommen und »die Tätigkeit für eine erneute Prüfung vorerst ruhen zu lassen«. Dem SPD-Politiker zufolge sei seine Tätigkeit von der Landesregierung zuvor gebilligt worden.

Steinbach selbst bestreitet einen Interessenkonflikt: »Es handelte sich um jeweils projektbezogene Zusammenarbeit ohne Brandenburg- oder Tesla-Bezug«, teilte er der »Märkischen Allgemeinen« mit. Eine unbotmäßige Verquickung seiner früheren Ministertätigkeit mit dem neuen Beraterjob liege nicht vor.

Regierungsmitglieder, die in den ersten zwei Jahren nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes aufnehmen wollen, müssen dies laut Brandenburger Ministergesetz der Landesregierung schriftlich anzeigen. Die Regierung kann den neuen Job für die ersten zwei Jahre nach dem Ausscheiden ganz oder teilweise untersagen, wenn öffentliche Interessen beeinträchtigt werden.

Für die Ansiedlung von Tesla und die beschleunigten behördlichen Genehmigungsverfahren soll Steinbach als Wirtschaftsminister eine entscheidende Rolle gespielt haben. CMS hatte das Land unter anderem beim Verkauf des 300 Hektar großen Grundstücks in Grünheide an Tesla beraten.

»Der Vorgang muss vollständig aufgeklärt und gesetzlich unterbunden werden.«

Sebastian Walter (Linke)

Wie das »Handelsblatt« berichtet, vertritt die Kanzlei CMS die Interessen Teslas im Streit mit Kund*innen. Des Weiteren soll CMS einen medienrechtlichen Beratungsauftrag für Tesla wahrnehmen und gegen unerwünschte Berichterstattung vorgehen.

»Das ist kein gewöhnlicher Jobwechsel – das ist ein politischer Skandal«, kritisierte der Landesvorsitzende der Brandenburger Linken Sebastian Walter am Mittwoch. »Bei der höchst umstrittenen Ansiedlung von Tesla« habe Steinbach eng mit der Großkanzlei zusammengearbeitet. »Wer in der Regierung Verträge mit Unternehmen und Kanzleien verhandelt und sich kurz darauf von denselben bezahlen lässt, beschädigt das Vertrauen in die Demokratie«, kommentierte der Linke-Chef.

Walter plädiert für schärfere Vorschriften »gegen solche Drehtüreffekte«, etwa durch strengere Karenzzeiten und »echte Unvereinbarkeitsregelungen«. Dass Ex-Minister Steinbach seine Arbeit zeitweise ruhen lässt, geht Walter nicht weit genug: »Der Vorgang muss vollständig aufgeklärt und gesetzlich unterbunden werden.« Seine Partei fordere ein »glasklares Verbot solcher Seitenwechsel für mindestens drei Jahre – ohne Ausnahme«.

Der BSW-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Niels-Olaf Lüders, kritisierte Steinbach scharf: »Herr Steinbach lässt hier nicht zum ersten Mal politisches Fingerspitzengefühl vermissen. Dass nimmersatte ehemalige Minister ein halbes Jahr nachdem sie aus dem Amt scheiden bei Unternehmen aus ihrem Zuständigkeitsbereich anheuern, untergräbt das ohnehin schon beschädigte Vertrauen in die Demokratie.«

Sechs Jahre stand Steinbach an der Spitze des Ministeriums. Nach der Landtagswahl teilte er im November 2024 mit, dass er wegen inhaltlicher Differenzen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) einer neuen Landesregierung nicht mehr angehören will. Mit dpa

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