»Die Rosenschlacht«: Streit ums Lieblingsspielzeug

Regisseur Jay Roach gibt dem 80-Jahre-Hit »Der Rosenkrieg« mit »Die Rosenschlacht« ein Update

  • Susanne Gietl
  • Lesedauer: 4 Min.
Zwei Alphatiere versuchen, die Rangordnung auszufechten, auch genannt: Langzeitehe
Zwei Alphatiere versuchen, die Rangordnung auszufechten, auch genannt: Langzeitehe

Der Rosenkrieg» ist der wohl bekannteste Schlagabtausch der 80er Jahre. Im Kultfilm von Danny DeVito schlägt eine schnulzige Liebesgeschichte in bitteren Hass um. Barbara (Kathleen Turner) und Oliver Rose (Michael Douglas) bekriegen sich nach knapp 20 glücklichen Ehejahren mit versalzenem Essen und kaputtem Geschirr, bis sie gemeinsam im ikonischen Finale am Kronleuchter hängen und mit ihm zu Boden krachen. Selbst im Tod reichen sie sich nicht die Hand.

Regisseur Jay Roach findet mit «Die Rosenschlacht» einen eigenen, moderneren Zugang zu der im Original teils übertrieben inszenierten Geschichte. Viele Wahrheiten über eine moderne Ehe stecken in Tony McNamaras Skript, ohne dass die Neuauflage belehrend wirkt. Stattdessen überzeugt sie mit einer großen Portion britischem Humor. Ein unerwartet gutes Team sind Olivia Colman und Benedict Cumberbatch als neues Leinwand-Ehepaar. Ihre Spielfreude steckt an.

Allein die erste Szene bei einer Paartherapeutin setzt den sarkastischen Ton des Filmes. Als die Therapeutin von Theo (Benedict Cumberbatch) und Ivy (Olivia Colman) nach einer Positivlistliste fragt, ist allein Theos erstes Argument unerwartet komisch und skurril (wird hier nicht verraten). Ivy kontert daraufhin trocken: «Er hat Arme.» Auch diverse andere Körperteile werden gelobt, mit der Zeit werden die Argumente immer böser. Am Ende gibt die sichtlich verzweifelte Therapeutin auf, Ivy und Theo fordern halb im Ernst, halb im Spaß einen Preisnachlass und verlassen lachend den Raum. Denn: Auch im leidenschaftlichen Streit sind sie sich erstaunlich einig.

Im Rückblick erfährt man, wie sie sich kennengelernt haben. Theo flüchtet bei einem unglaublich nervigen Geschäftstreffen in die Restaurantküche, wo er Köchin Ivy zufällig trifft. Es funkt sofort. Am nächsten Tag zieht er spontan mit ihr ins viel besungene, malerische Mendocino. Sie werden Eltern und Ivy gibt ihren Job als Köchin auf. Die Rollen sind von nun an klassisch verteilt. Ivy kümmert sich um die Kinder, Theo arbeitet.

Als eine stürmische Nacht ihr Leben für immer verändert, gerät nicht nur Theos designtes Marinemuseum ins Wanken, auch der Kurs ihres Eheschiffes ändert sich. Dass sie Kinder haben, ist ein großer Gewinn, um den Konflikt zuzuspitzen. Eigentlich neiden sie einander. Beide wollen gute Eltern sein und ebenso erfolgreich im Beruf. Kind und Karriere miteinander zu vereinen, war jedoch noch nie einfach. Anstatt eine sinnvolle Lösung zu suchen, verstricken sich die beiden Alphamenschen immer mehr in ihren festgefahrenen Rollen. Selbst als sie scheinbar ein Glücksrezept gefunden haben, sind sie sich so fern wie noch nie.

Eigentlich entdeckt man schon viel früher, dass irgendwas in diesem Leben schiefläuft. Theos und Ivys Freunde erfüllen ein amerikanisches Klischee. Für gemeinsame Aktivitäten braucht man schon einen Waffenschein, eine von ihnen ist hypersexuell, ein anderes Ehepaar führt eine toxische Ehe. Das ist alles ein bisschen zu übertrieben, aber im Kontrast zu Ivy und Theo, die durchaus glaubhaft agieren, funktioniert die Konstellation ganz gut. Olivia Colman und Benedict Cumberbatch sind seit Jahren befreundet, haben aber noch nie zusammengespielt. Die Chemie zwischen den beiden stimmt. Während Colman alias Ivy mit großer Leichtigkeit die schlimmsten Gemeinheiten mit scharfer Zunge ausplaudert, mimt Cumberbatch den stillen Denker, der eher perfide Pläne schmiedet, um Ivys Erfolg zu sabotieren.

Letztlich bekämpfen sie sich wie in der alten Vorlage wie Kinder, die um ihr Lieblingsspielzeug raufen. Beide wollen das Haus am Meer, in dem Theos ganzes Ego steckt. Die zeitlos schöne Villa, von Production Designer Mark Ricker in skandinavischem Stil in schlichten Farbtönen und natürlichen Materialien gehalten, gibt Raum für ein großes Spektakel. Dass ein Kronleuchter von der Decke krachen wird, ist Ehrensache. Doch bis es so weit ist, braucht es viele kleine Sticheleien, Unachtsamkeiten und Bösartigkeiten und das macht verdammt viel Spaß.

«Die Rosenschlacht. Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt»: USA/Großbritannien 2024. Regie: Jay Roach. Mit: Olivia Colman, Benedict Cumberbatch, Andy Samberg. 100 Minuten. Läuft im Kino.

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