Kröhnert kann sie alle

Parodie oder nie: Reiner Kröhnert bekommt den Eddi

  • Niko Daniel
  • Lesedauer: 2 Min.
Von der Bundeskanzlerin bis zum heutigen Bundeskanzler: Reiner Kröhnert findet’s »merzwürdig«.
Von der Bundeskanzlerin bis zum heutigen Bundeskanzler: Reiner Kröhnert findet’s »merzwürdig«.

»Er kann es nicht«, lautet das berühmte Urteil von Angela Merkel über Friedrich Merz. Reiner Kröhnert kann beide sehr gut nachmachen – in seinem aktuellen Programm »Jetzt wird’s merzwürdig«. Der Kabarettist ist Jahrgang 1958 (drei Jahre jünger als Merz) und stammt aus der Zeit von Thomas Freitag und Matthias Beltz, als das Parodieren von Politikerinnen und Politikern eine Granate war. Damals machte man sich über Willy Brandt lustig, weil er zu wenig links war. Das ist heutzutage in der SPD tabu. Außerdem haben die Politikprofis aller Parteien zu wenig Persönlichkeit, um als Typen (und nicht als Memes) wiedererkennbar zu sein.

Das begann mit dem nicht unkecken Minimalismus von Merkel, deren Staatsfrauwerdung Kröhnert 2004 mit dem Programm »Angie goes Hollywood« begleitete. Vorher konnte er schon Boris Becker und Erich Honecker. Zum unbedarften Merz ist es nicht so weit. Vielleicht ist er mit seinem aufbrausenden Sendungsbewusstsein eine der letzten kabarettistisch interessanten Figuren.

Die Promi-Parodie wirkt heutzutage wertkonservativ, aber was heißt das schon, wenn heutzutage Pazifismus und Antimilitarismus als ewiggestrig beschimpft werden? Kröhnert kann auch Boris Pistorius, eine eher fade Figur, die aber mit der Parole der »Kriegstüchtigkeit« legendär wurde. Wenn Kröhnert als Pistorius spricht, fordert er »gestählte Körper jedweden Geschlechts, die kompromisslose Kampfbereitschaft ausstrahlen und keine wehrkraftzersetzenden Gewissensschübe, wenn unbedingter Gehorsam angesagt ist«. Für solche politischen Übersetzungsarbeiten bekommt Reiner Kröhnert am 4. Oktober im Kulturhaus Karlshorst den Berliner Kabarettpreis »Eddi«. Wohin soll das alles führen? Kröhnert kann auch Joachim Gauck: »Wir können auch einmal frieren für die Freiheit.« Und das ist ein Originalzitat, aus dem Frühjahr 2022.

Samstag, 4.10., 19.30 Uhr, Kulturhaus Karlshorst Treskowallee 112, Berlin

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