Protest gegen Entwicklungskürzungen

16 Hilfsorganisationen fürchten Verschärfung globaler Konflikte durch Bundeshaushalt

16 Hilfsorganisationen protestierten diesen Montag vor dem Bundestag in Berlin.
16 Hilfsorganisationen protestierten diesen Montag vor dem Bundestag in Berlin.

»Die Kürzungen von heute sind die Krisen von morgen«, skandierten etwa 50 Personen diesen Montag vor dem Paul-Löbe-Haus im Berliner Regierungsviertel. Dazu hielten sie einen überdimensionalen Bumerang, auf dem derselbe Spruch stand, in die Höhe. Dieser ist inzwischen eine Art Parole der Organisationen gegen Kürzungen in der internationalen Hilfe.

Am Donnerstag findet die sogenannte Bereinigungssitzung statt, die letzte Beratung, in der der zuständige Ausschuss die Haushaltsempfehlung festlegt. Ende November stimmt der Bundestag über den Haushalt 2026 ab. Zum derzeitigen Stand plant die Bundesregierung aus Union und SPD Kürzungen im Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

Laut Plan soll der Etat des BMZ auf unter zwei Prozent des Haushalts sinken. Derzeit entspricht er 2,05 Prozent, seit 2022 kürzten ihn die Bundesregierungen um über 30 Prozent. Derzeit beträgt der Anteil der humanitären Hilfe am Bundeshaushalt zudem nur noch 0,2 Prozent. Er soll 2026 bei 1,4 Milliarden Euro stagnieren. Dieses Jahr war die humanitäre Hilfe um 50 Prozent gekürzt worden.

Humanitäre Hilfe unterstützt Menschen, die sich in akuten Notlagen befinden. Der Etat des BMZ dient vorrangig der Entwicklungszusammenarbeit und soll demnach langfristig den Aufbau wirtschaftlicher und sozialer Strukturen vorantreiben. Er ist abhängig von staatlichen Interessen.

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16 Hilfsorganisationen kritisierten in Berlin, dass die geplanten Kürzungen im Haushalt den Zielen im Koalitionsvertrag widersprechen, Armut, Hunger und Ungleichheit zu bekämpfen. Die humanitäre Hilfe spiele, so appellieren die Hilfsorganisationen in einem offenen Brief an den Haushaltsausschuss, aufgrund ihres ohnehin geringen Ausmaßes »keine nennenswerte Rolle für die Haushaltskonsolidierung«.

Umgekehrt hätte ihre Kürzung jedoch weltweit »gravierende Folgen«. Laut den Vereinten Nationen haben 2025 etwa 300 Millionen Menschen Bedarf an humanitärer Hilfe. Aufgrund globaler Mittelkürzungen konzentriert die UN ihre Arbeit bereits auf nur noch ungefähr 114 Millionen Menschen.

»Wenn Deutschland diesen Trend durch weitere Einsparungen verstärkt, bleiben immer mehr Menschen in akuter Not ohne Hilfe – und ihr Recht auf angemessene Nahrung, Gesundheit, Bildung und Wohnen wird ihnen faktisch verwehrt«, kritisieren die Hilfsorganisationen.

Über die Mittel für ein Hilfspaket in Gaza hinaus dürften andere Regionen demnach nicht vergessen werden. So könnten sich Konflikte in Syrien, Sudan, Burkina Faso, Mali und Somalia durch ausbleibende Hilfe verschärfen. Unter anderem die Welthungerhilfe, Misereor, Diakonie und Caritas fordern deshalb, mindestens 2,5 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe bereitzustellen und die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit mindestens auf dem Stand von 2024 zu halten.

Mit den Kürzungen ist den Hilfsorganisationen zufolge auch der »Aktionsplan Wirtschaft und Entwicklung« gefährdet. Ihn legte das BMZ im Oktober vor. Er sollte die deutsche Wirtschaft enger in die entwicklungspolitische Arbeit einbinden und Stimmen aus der Zivilgesellschaft in die Planung einbeziehen. Zu den Zielen gehört auch, Fachkräfte zu sichern und den Zugang zu wichtigen Ressourcen zu verbessern.

»Die Umsetzung des Aktionsplans wird wie geplant starten«, so ein Sprecher des BMZ zu »nd«. Das BMZ soll im Rahmen des Aktionsplans neue Dialogformate für einen »vertieften Austausch mit der deutschen Wirtschaft im Vorfeld wichtiger Regierungsgespräche pilotieren«. Es startet mit Ghana, der Demokratischen Republik Kongo und Äthiopien.

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