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»Nürnberg ist nicht kriegsbereit«
Linke Kampagne mobilisiert gegen Aufrüstung, Sozialabbau, Rechtsruck und organisiert Kongress im Dezember
Bereits im April hat Ihre Organisation mit der Kampagne »Ungehorsam jetzt!« versucht, linke Vernetzung gegen Rechtsruck und Zeitenwende voranzutreiben. Was ist bisher passiert?
Es gab immer wieder Aktionen unter dem Label, aber richtig los ging es erst im Herbst. Am 3. Oktober fanden bundesweite Demonstrationen gegen Krieg und Aufrüstung in Berlin und Stuttgart statt. Für die Stuttgarter Demo, auf der 15 000 Menschen waren, riefen 30 Organisationen auf unsere Initiative hin zu einem antikapitalistischen Block auf. Dem ging eine breite Mobilisierung voraus – überregional wie lokal. Es gab einen kämpferischen Block mit über 1000 Menschen. Vorher hatten wir in Stuttgart zu den drei Hauptthemen der Kampagne eine Ausstellung, Veranstaltungen, Diskussionsrunden und eine Stadtteilkundgebung unter dem Motto »Geld für unser Viertel – statt für ihre Kriege« – organisiert. Darin wurden auch die kommunalen Kürzungen thematisiert.
Auch in Nürnberg gab es schon Veranstaltungen, jetzt folgt eine Konferenz. Wozu?
Wir haben in Nürnberg die Demo »Nazidreck wegmachen« mit 600 Teilnehmern organisiert. Gemeinsam mit anderen Gruppen gehen wir dort am 12. Dezember gegen die Streichung der bayerischen Familienleistungen auf die Straße. Die Konferenz am 6. Dezember soll den Aktionen eine inhaltliche Klammer geben. Wir wollen zeigen, dass all das keine isolierten Phänomene sind: Sozialabbau, Krieg und Rechtsentwicklung sind Folgen imperialistischer Zuspitzungen und der kapitalistischen Krise. Außerdem wollen wir diskutieren, wie wir dem begegnen können.
Für den 6. Dezember lädt die »Organisierte Autonomie« aus Nürnberg zu einer Konferenz gegen Krieg, Sozialabbau und Rechtsentwicklung. Wir sprachen mit ihrer Pressesprecherin Sabine Züge.
Findet die Kampagne damit ihren Abschluss?
Ein vorläufiger Höhepunkt wird der Protest gegen die Waffenmesse »Enforce Tac« sein, welche vom 23. bis 25. Februar 2026 in Nürnberg stattfindet. Ziel ist eine große Demonstration am Samstag vor der Messe, um den Druck auf die Verantwortlichen in der Stadt zu erhöhen. Schirmherr dieser öffentlichen Zurschaustellung modernster Mordmaschinerie ist übrigens Blackrock-Kanzler Friedrich Merz. Gemeinsam mit Akteuren, die schon früher gegen die Messe aktiv waren, werden wir den städtischen Verantwortlichen klarmachen, dass Nürnberg nicht kriegsbereit ist. Auch Aktivitäten zur Landtagswahl in Baden-Württemberg am 8. März werden noch Teil der Kampagne sein.
Im Rahmen der Kampagne hat Ihre Jugendorganisation, die Revolutionäre Zukunft (RZ), in Nürnberg eine Demonstration gegen die drohende Wehrpflicht organisiert. Diese ist auch ein Schwerpunkt der Konferenz am 6. Dezember. Wie könnte sich dagegen organisiert werden?
Der notwendige Widerstand gegen die drohende Wehrpflicht ist noch eine zarte Pflanze, die aber jeden Tag etwas mehr wächst. Die RZ hat bereits vor längerer Zeit ihre Arbeit gegen die Wehrpflicht begonnen und mit der Demonstration in Nürnberg kaum einen besseren Zeitraum wählen können. Auch mit dem angekündigten Schulstreik am 5. Dezember bedienen sich Jugendgruppen bewährter Mittel gegen Krieg und Militarisierung. Das wollen wir auch auf der Konferenz diskutieren. Klaus Stampfer von der DFG/VK wird erklären, wie man konkret verweigert. Jörg Kronauer wirft einen analytischen Blick auf die imperialistischen Zuspitzungen weltweit, warum sie gerade jetzt passieren und wie die vom früheren Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene »Zeitenwende« sich hier einfügt.
Nürnberg ist derzeit auch eines der Hauptziele rechter Mobilisierungen in Bayern. Das sogenannte »Team Menschenrechte« versucht sich an wöchentlichen Aufmärschen.
Diese Mobilisierungen sind eine Erscheinung der andauernden Rechtsentwicklung – wenngleich eine äußerst nervige. Wir sprechen leider nicht von ein paar Verwirrten auf der Straße, sondern von einem massiven reaktionären Staatsumbau. Gegen Geflüchtete, Wohnungslose, Aktivisten und Bürgergeldempfänger ist die Repression vielleicht am brutalsten. Aber es geht um so viel mehr, wenn Lehrer vermehrt Angst haben, was sie in der Schule zu Palästina sagen, wenn Schüler wegen Memes angezeigt werden, die sich gegen Bundeswehrwerbung richten, wenn Antifaschismus auch hier in die Nähe des Terrorismus gerückt wird und das Streikrecht wegen »Gefährdung kritischer Infrastruktur« beschnitten werden soll. Da brauchen wir natürlich mehr an Strategie, als Nazis auf den Straßen zu blockieren.
Was nehmen Sie aus der Kampagne mit?
Wir glauben, dass wir mit »Ungehorsam jetzt!« einen Beitrag leisten können, die Proteste gegen Krieg, Sozialabbau und Rechtsentwicklung inhaltlich zu schärfen und praktisch an einigen Punkten zuzuspitzen. Noch bewegt sich im Bereich der sozialen Frage leider viel zu wenig – vor allem angesichts der drohenden Verschärfungen. Wir denken aber, dass wir auch hier etwas in die Waagschale werfen und bei den sich verschärfenden Widersprüchen eine sinnvolle Rolle spielen können.
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