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Kein Existenzrecht für pauschales Verbot von Parolen
OVG Münster urteilt gegen polizeiliche Auflagen in Düsseldorf
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat am Freitag entschieden, dass das Bestreiten des Existenzrechts Israels bei Versammlungen nicht pauschal untersagt werden darf. Der 15. Senat hob damit eine entsprechende Auflage der Düsseldorfer Polizei für eine propalästinensische Demonstration mit etwa 50 Teilnehmer*innen teilweise auf. Das Präsidium hatte dem Veranstalter verboten, das Existenzrecht des Staates Israel während der für den 22. November geplanten Versammlung »in jedweder Form zu leugnen«.
»Das Existenzrecht des Staates Israel in Abrede zu stellen, verwirklicht für sich genommen keinen Straftatbestand«, stellte das Gericht klar. Vielmehr unterfielen »eine kritische Auseinandersetzung mit der Staatsgründung Israels und die Forderung nach einer friedlich zu vollziehenden Veränderung bestehender Verhältnisse grundsätzlich dem Schutz der Meinungsfreiheit«. Die Polizei habe für eine mögliche Einordnung etwa als Volksverhetzung keine besonderen Umstände aufgezeigt. Auch das Verbot von »There is only one state – Palestine 48« hob das OVG auf. Diese Parole lasse insbesondere keinen konkreten Bezug zur Ideologie der in Deutschland als Terrororganisation verbotenen Hamas erkennen.
Das Verbot von »Yalla, yalla, Intifada« ist laut dem OVG aber voraussichtlich rechtmäßig. Diese Äußerung könne vor dem Hintergrund des anhaltenden Gaza-Konflikts nicht als bloße Aufforderung zu friedlichem Protest verstanden werden. Missachtet wird dabei, dass der Begriff »Intifada« eine vielfältige Widerstandsform beschreibt, die auch friedlich praktiziert wurde. Einem »unbefangenen Beobachter« sei dies aber nicht erkennbar, meint das Gericht.
»From the river to the sea, Palestine will be free« bleibt indes verboten – obwohl dieser Spruch »Freiheit« und nicht eine Eroberung Israels oder die Ermordung von Jüd*innen fordert. Seit Anfang November 2023 ordnen ihn viele Staatsanwaltschaften als Volksverhetzung ein, nachdem ihn das Bundesinnenministerium in seiner Verbotsverfügung der Hamas zugeschrieben hatte. Mehrere Verwaltungsgerichte sehen die Strafbarkeit allerdings nur bei einem klaren Bezug zu Verbrechen der Hamas. Landgerichte urteilten unterschiedlich – eine höchstrichterliche Klärung steht aber aus.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte den ursprünglichen Eilantrag des Veranstalters gegen das polizeiliche Verbot sämtlicher Parolen noch vollständig abgelehnt. Der Beschluss des OVG ist nun unanfechtbar.
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