Barcelona gegen Frankfurt: Flicks Baby-Barça in Fahrt

Eintracht Frankfurt schlägt sich wacker bei Niederlage

  • Martin Ling, Barcelona
  • Lesedauer: 4 Min.
Barcelonas Jules Kounde (l.) feiert sein zweites Tor für Barcelona mit Alejandro Balde gegen Eintracht Frankfurt.
Barcelonas Jules Kounde (l.) feiert sein zweites Tor für Barcelona mit Alejandro Balde gegen Eintracht Frankfurt.

»Nur lokale Fans sind willkommen. Wir haben es nicht vergessen!« Das Banner vor der Kneipe Casa Pin in Sichtweite des Stadions Camp Nou zielte auf den 14. April 2022. Damals waren 30 000 Fans von Eintracht Frankfurt in Barcelona eingefallen, und darunter gab es auch welche, die sich daneben benahmen und sich in Vandalismus übten. Zu allem Überfluss warf Frankfurt damals im Viertelfinale der Europa League den FC Barcelona mit einem 3:2 Auswärtssieg aus dem Wettbewerb und krönte sich zum Saisonende selbst mit seinem zweiten europäischen Titel in der Vereinsgeschichte nach dem Uefa-Cup-Sieg 1980.
 
Am 9. Dezember war es Eintracht Frankfurt, die als erste Gastmannschaft europäisch im halbfertigen Camp Nou antraten, das seit Sommer 2023 umgebaut und modernisiert wird, was ursprünglich auf ein Jahr angelegt war. Nun waren es 1054 Tage seit dem letzten Champions League Spiel im Oktober 2022 gegen Bayern München, das mit 0:3 verloren ging, bis wieder auf höchster europäischer Ebene im Camp Nou gespielt wurde, das derzeit als Spotify Camp Nou firmiert, denn der klamme Verein ist auf Zusatzeinnahmen aus dem Rechteverkauf aller Art dringend angewiesen. Allein der Stadionumbau wird mit mindestens 1,5 Milliarden Euro veranschlagt, die ähnlich wie das Sondervermögen für die Bundeswehr außerhalb des normalen Haushalts veranschlagt werden. Haupt-Kreditgeber ist die Hausbank Goldman Sachs.
 
Die große Invasion der Eintracht-Anhänger wie 2022 blieb dieses Mal aus. Damals hatten sich die Fans der Adlerträger auf allen möglichen legalen und illegalen Wegen um Eintrittskarten bemüht und damit reüssiert. Sie machten das Spiel zu einem Heimspiel, Zehntausende schafften es in das Stadion auf Plätze, die normalerweise den Heimfans vorbehalten sind. Um eine Wiederholung zu vermeiden, war der Eintrittskartenverkauf jenseits der 2400 Gästekarten so restriktiv wie nie: Nur für Barça-Anhänger, personalisiert und nur per App, selbst ein PDF-Ticket wurde verwehrt, um den Weiterverkauf zu unterbinden. Das erklärt die mit 38 439 niedrige Zuschauerzahl, in den drei bisherigen Liga-Spielen kamen jeweils rund 45 000 Zuschauer, viel mehr geht noch nicht in dem Stadion, das auf 105 000 Zuschauer ausgelegt ist.

Der spanische Meister und Pokalsieger setzte Frankfurt von Beginn an mit Pressing und Gegenpressing unter Druck, hatte über das ganze Spiel 75 Prozent Ballbesitz, kam aber in der ersten Halbzeit zu wenig klaren Chancen. Der Treffer von Robert Lewandowsky zählte wegen einer Abseitsstellung des Flankengebers Raphinha nicht. Frankfurt machte geschickt die Räume dicht und nützte in der 21. Minute gleich den ersten zielgerichteten Konter zu einem Tor. Ansgar Knauff setzte sich nach einem Traumpass von Nathaniel Brown durch und ließ dem starken Barça-Keeper Joan García, der den deutschen Nationaltorwart Marc-André ter Stegen als Nummer eins abgelöst hat, keine Chance. Danach drückte Barça weiter, mehr als geblockte Schüsse kamen in der ersten Halbzeit dabei nicht herum.

»Die Eintracht hat fantastisch verteidigt. Es gab keinen Platz.«

Hansi Flick Trainer FC Barcelona

Barças deutscher Trainer Hansi Flick reagierte zur Halbzeit mit einer Umstellung: Der englische Nationalspieler Marcus Rashford kam für den spanischen Nationalspieler Fermín López, für den Raphinha ins Zentrum rückte, um für Rashford den linken Flügel freizumachen. Dieser Wechsel zündete, Rashford brach in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit mehrfach durch und generierte Chancen, seine scharfe Flanke in der 50. Minute bereitete das Kopfballtor des Rechtsverteidigers Jules Koundé vor, der bis dahin immer wieder als Unsicherheitsfaktor in der Verteidigung aufgefallen war. Und drei Minuten später war es erneut Koundé auf Flanke des 18-jährigen Weltstars Lamine Yamal, der mit dem Kopf zum 2:1 einnickte. Das Spiel war gedreht und fortan behielt Barcelona es unter Kontrolle. Frankfurt wehrte sich tapfer, kam aber nicht zu klaren Chancen. Dennoch konnte Frankfurt nach dem vorangegangenen 0:6 in Leipzig zuvor hocherhobenen Kopfes das Camp Nou verlassen. »Die Eintracht hat fantastisch verteidigt«, lobte Barça-Coach Hansi Flick: »Es gab keinen Platz.« Die Mannschaft von Flick hat nun das vierte Spiel hintereinander 0:1 in Rückstand gelegen und jeweils noch gewonnen, zweimal 3:1, einmal 5:3 und nun 2:1. Nach leicht stotterndem Saisonstart läuft es wieder für Flick und sein Baby-Barça. Am Wochenende hatte die Startelf Barças ein Durchschnittsalter von 23,24 Jahren – die jüngste Aufstellung in 95 Jahren. Die sportliche Zukunft steht auf deutlich sichereren Beinen als die finanzielle.

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