Geschwätz ist nicht sein Stil

Heinz Florian Oertel wird heute 80

Der sprachgewandte Mann mit der markanten Stimme und dem schütteren Haar ist eine Reporterlegende der untergegangenen DDR: Heinz Florian Oertel (Foto: dpa), der heute seinen 80. Geburtstag begeht. Für viele unvergessen ist sein legendärer Ausruf, als der Hallenser Waldemar Cierpinski 1980 in Moskau zum zweiten Mal in Folge Marathon-Olympiasieger wurde: »Liebe junge Väter oder angehende, haben Sie Mut! Nennen Sie Ihre Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig Waldemar. Waldemar ist da!«

HFO – war ein Markenzeichen für fesselnde Rundfunkreportagen, allen voran von 17 Friedensfahrten. Nicht Geschwätzigkeit war sein Stil, sondern gekonnte Unterhaltung. Oertel zeichnete ein hohes Maß an journalistischem Gespür, an Fach- und Detailwissen aus. Der gebürtige Lausitzer lockte Generationen ans Radio und später vor TV-Bildschirme. Er berichtete von 17 Olympischen Spielen (beginnend 1952 in Helsinki), acht Fußball-Weltmeisterschaften und 25 WM und EM im Eiskunstlauf.

Doch nicht nur dem Sport galt seine Liebe. Er erfand und moderierte Fernsehsendungen, die zu TV-Rennern wurden wie »Porträt per Telefon«, »Schlager einer kleinen Stadt« oder »Schlager aus Berlin«. Nicht weniger legendär war seine Sonnabend-Sendung beim Berliner Rundfunk »He, he, he – Sport an der Spree«. 17 Mal wurde er zum Fernsehliebling der DDR gewählt. Seine Popularität ist bis heute ungebrochen.

Oertel verdingte sich in seiner Jugendzeit zunächst als Schauspieler und Regieassistent am Cottbuser Theater, ehe er 1948 Neulehrer für Deutsch und Sport wurde. 1952 wechselte der »Jungstar am Mikrofon« endgültig zum Berliner Rundfunk. Ab 1955 war er auch für das DDR-Fernsehen tätig. Nach der Wende arbeitete er zeitweilig beim Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg und Norddeutschen Rundfunk, moderierte Galas und öffentliche Veranstaltungen.

Oertel, der 1981 an der Karl-Marx-Universität Leipzig promovierte – seine Arbeit befasste sich mit »Tätigkeitsqualitäten sprechender Reporter« –, lagen die sprachlichen Fähigkeiten seiner Nachfolger am Herzen. Das bewog ihn auch, in den 90er Jahren an der FU in Berlin als Dozent für Rhetorik und an der Georg-August-Uni in Göttingen als Lehrbeauftragter für Sport und Publizistik tätig zu sein. In jüngster Zeit tat er sich – wie schon zu DDR-Zeiten – als Buchautor hervor, gab seit 2000 vier Olympiabücher heraus und rückte mit »Gott sei Dank. Schluss mit der Schwatzgesellschaft« (erschienen 2007) auf Vorderplätze der Bestsellerlisten.

Seinen Geburtstag verbringt HFO heute mit Ehefrau Hannelore außerhalb Berlins. Die Feier mit seinen zwei Töchtern und dem Sohn, den vier Enkeln und einem Urenkel soll es später geben.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal