Unter-Wert-Verkauf – eine gemischte Schenkung

Grundstücksverkauf

  • Lesedauer: 3 Min.

Ich bin Alleineigentümerin eines mit einer Massivlaube bebauten Grundstücks mit einem Wert von ca. 60 000 Euro. Mein Mann und ich haben uns gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Ich habe den Behindertengrad 100 und die Pflegestufe 2. Im Haushalt und bei der Betreuung des Grundstücks werde ich von meiner Tochter unterstützt. Ich beabsichtige deshalb, ihr das Grundstück für 10.000 Euro zu verkaufen. Haben meine beiden anderen Kinder in diesem Fall finanzielle Ansprüche?
Elisabeth W., 10405 Berlin

Sie können ihr Grundstück frei verkaufen und dabei natürlich auch unter dem Verkehrswert bleiben. Eine Beschränkung könnte sich allenfalls aus einem Erbvertrag ergeben oder aus einem Ehegattentestament, wenn der andere Partner verstorben ist.

Wenn Sie das Grundstück erheblich unter dem Verkehrswert verkaufen, liegt eventuell eine gemischte Schenkung vor. Eine Entgeltlichkeit liegt jedoch auch insoweit vor, wie durch die Leistung eine Abgeltung von Pflegeleistungen o. ä. vereinbarungsgemäß erfolgt. Ein eventueller unentgeltlicher Teil der Leistung ist jeweils im Einzelfall zu bestimmen.

Zu Ihren Lebzeiten können Ihre anderen Kinder aus einer möglicherweise vorliegenden gemischten Schenkung keine Ansprüche herleiten. Anders könnte es im Falle Ihres Ablebens sein.

Soweit ein unentgeltlicher Teil der Leistung festgestellt wird, der weniger als zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers erbracht ist, können Pflichtteilsergänzungsansprüche (§§ 2325 ff. BGB) in Frage kommen. Als Erbringung der Leistung gilt im Falle eines Grundstückskaufs die Umschreibung im Grundbuch.

Pflichtteilsergänzungsansprüche sind ausgeschlossen, wenn und soweit es sich um eine so genannte Anstandsschenkung handelt, also um übliche Gelegenheitsgeschenke zu bestimmten Anlässen wie Geburtstagen, oder wenn der unentgeltliche Teil der Leistung in Erfüllung einer sittlichen Pflicht erfolgte. Das ist dann der Fall, wenn unbezahlte langwährende Dienste im Haushalt geleistet wurden oder eine unentgeltliche Pflege und Versorgung erfolgte.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch bedeutet, dass der Wert der unentgeltlichen Leistung dem Nachlass zugeschlagen wird und bei der Berechnung des Pflichtteils demgemäß mit berücksichtigt wird. Der Erbe hat dann an die Pflichtteilsberechtigten einen Geldbetrag zu leisten, der einem Nachlasswert entspricht, der um den unentgeltlichen Teil der zu berücksichtigenden Leistung, also um die Schenkung, erhöht ist. Der Pflichtteil ist die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 Abs. 1 BGB). Grundsätzlich ist der Erbe Schuldner des Pflichtteilsergänzungsanspruchs, nur in Ausnahmefällen der Beschenkte.

Der Ehegatte ist selbst pflichtteilsberechtigt. Er kann deshalb nach § 2328 BGB die Ergänzung des Pflichtteils insoweit verweigern, dass ihm sein eigener Pflichtteil einschließlich seines Pflichtteilsergänzungsanspruches verbleibt. Ihr Mann ist zwar Erbe. Er gehört aber auch zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten. Die Ergänzungspflichtteilsberechtigten können von ihm also nicht verlangen, dass er mehr von seinem Erbteil nach Ihnen auszahlt, als ihm als Pflichtteilsberechtigten zusteht.

Da der Grundstückskaufvertrag ohnehin notariell beurkundet werden muss, sollten Sie sich in diesem Zusammenhang darüber individuell beraten lassen, wie man den Vertrag nach den gegenwärtig gegebenen Möglichkeiten in Ihrem Sinne wasserdicht machen kann.

Prof. Dr. Dietrich Maskow, Rechtsanwalt, Berlin

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