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Kein »Kadaver«

Adolfo Nicolás / Der Spanier ist neuer Generaloberer der über 19 000 Jesuiten

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wir sollen uns dessen bewusst sein, dass ein jeder von denen, die im Gehorsam leben, sich von der göttlichen Vorsehung mittels des Oberen führen und leiten lassen, als sei er ein toter Körper, der sich wohin auch immer bringen und auf welche Weise auch immer behandeln lässt ...« Als sei er ein toter Körper – es ist diese Stelle aus den Konstitutionen der Jesuiten, auf die der Begriff des Kadavergehorsams zurückgeht. Verfasst hat den Text Ignatius von Loyola, der den Männerorden 1534 im Zuge der Gegenreformation gründete.

Der 29. Nachfolger des Heiligen Ignatius als Generaloberer der Gesellschaft Jesu operiert indes mit anderen Begriffen: Realitätssinn, Transparenz und Effizienz brauche die Glaubenstruppe angesichts Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, meint Adolfo Nicolás. Er wurde am Wochenende in Rom von der Generalkongregation des Ordens zum Nachfolger des Niederländers Peter-Hans Kolvenbach gewählt, der Mitte Januar nach 24 Jahren zurückgetreten war. Die Jesuiten müssten »dynamisch und offen« über das religiöse Leben nachdenken, fordert der 71-Jährige, der wie sein Ordensgründer aus Spanien stammt. Das sind erstaunliche Töne vor dem Hintergrund der von Papst Benedikt XVI. forcierten reaktionären Entwicklung innerhalb der katholischen Weltkirche. Galten doch die Jesuiten einst als wichtigste Stütze des Papstes, die noch dessen absurdeste Entscheidungen absegneten.

Adolfo Nicolás, der neue »Schwarze Papst« (wegen der Farbe der Amtskleidung), steht zweifellos nicht in dieser unseligen Tradition. Der Professor für Systematische Theologie leitete die Jesuiten-Kongregation in Südostasien und Ozeanien und verbrachte einen Großteil seines Lebens in Asien. Wie er wirkten viele Jesuiten außerhalb Europas und erkannten bei ihrer missionarischen Tätigkeit die Ursachen des Elends in den Ländern des Trikont. So ist die Befreiungstheologie mit den Namen bekannter Jesuiten verbunden. Was zu Maßregelungen durch den Vatikan führte und unter Johannes Paul II. die Jesuiten auf Rang zwei der päpstlichen Elitetruppen fallen ließ: Er favorisierte das erzkatholische Opus Dei.

Die Treue der Jesuiten zum Papst ist gewiss weiter über jeden Zweifel erhaben – der Kadavergehorsam ist vorbei.

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