Rechnende Helden

  • Hendrik Lasch, Leipzig
  • Lesedauer: 1 Min.

Leipzig wird gern als Heldenstadt bezeichnet, nachdem die Bürger dort 1989 mit Montagsdemonstrationen auf dem Ring einen Staat zum Abdanken brachten. Als Heldenstadt dürfte die sächsische Kommune seit Sonntag auch bei den Gegnern der Privatisierung von öffentlichem Eigentum gelten: Allen Kassandra-Rufen zum Trotz gingen mehr Bürger zur Abstimmung gegen den Stadtwerke-Verkauf als zur letzten OB-Wahl. Und 87 Prozent gaben den Privatisierungsbefürwortern in Rat und Verwaltung zu verstehen: Wir wollen unser Eigentum behalten!

Die Leipziger sind aber nicht nur Helden, sondern dank langer Messe- und Handelstradition auch kühle Rechner. Als solche haben sie sich gegen die Privatisierung entschieden, obwohl der Strom der Stadtwerke alles andere als billig ist und die halbe Milliarde, die ein französischer Konzern für einen besseren Marktzugang berappen wollte, dem von hohen Schulden belasteten Stadtetat gut getan hätte. Der Gewinn der Stadtwerke beträgt nur ein Zehntel dessen – aber er bleibt in der Stadt und trägt dazu bei, dass Straßenbahnfahren bezahlbar bleibt, und das hoffentlich auch in 10, 20 oder 30 Jahren. Aus solch nüchternem Kalkül sagen die Leipziger: Kommunal ist optimal. Und erteilen damit erneut einer weit verbreiteten Ideologie einen gehörigen Stoß.

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