Entschädigung fürs Wochenendhaus

BGH zum Nutzungsrecht

  • Lesedauer: 3 Min.
Der Bundesgerichtshof hat ein bemerkenswertes Urteil gefällt über die Entschädigung für ein Wochenendhaus auf fremdem Grund, wenn die Nutzerin das Pachtverhältnis kündigt. Rechtsanwalt JÜRGEN NAUMANN, Berlin-Mitte, sandte uns das Urteil.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, der Eigentümerin eines Grundstücks, Entschädigung nach § 12 Abs. 3 Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchulRAnpG) für ein auf diesem Grundstück errichtetes Wochenendhaus. Die Familie hatte 1968 das Grundstück von der Gemeinde als staatlicher Verwalterin gepachtet. Sie errichtete darauf einen Bungalow mit Anbau, Geräteschuppen, Kläranlage und Duschecke. Die überlebende Ehefrau kündigte gemeinsam mit der erbenden Tochter den Pachtvertrag zum Ende 2000 und gab das Grundstück an die Beklagte zurück. Sie verlangte für die Wertsteigerung des Bodens sowie die Erschließung und Bebauung 27 609 Euro Entschädigung, Amtsgericht und Landgericht stimmten dem zu. Die Revision blieb ohne Erfolg.

Das Berufungsgericht bestimmte: Die Entschädigung stehe dem Nutzer zu. Aus § 12 Abs. 4 SchuldRAnpG ergebe sich, dass der kündigende oder gekündigte Nutzer berechtigt sei, das aufstehende Gebäude wegzunehmen. Aus dieser Wertung des Gesetzgebers sei ersichtlich, dass ein etwaiger Wertzuwachs des Grundstücks dem Nutzer zustehe, da er ja dem Eigentümer auch ein unbebautes Grundstück übergeben könne. Auch nach Abzug eines Instandhaltungsrückstaus für den Bungalow ergebe sich also mindestens ein Entschädigungsanspruch in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe. Der BGH bestätigte diese Einschätzung.

Der Nutzer hat ein Wegnahmerecht, das der Eigentümer nicht beeinflussen kann. Damit entscheidet allein der Nutzer, ob eine Werterhöhung bestehen bleibt und damit ein Entschädigungsanspruch entsteht. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass ein vom Nutzer auf einem fremden Grundstück errichtetes Bauwerk bei Vertragsbeendigung noch einen erheblichen Wert darstellen kann. Es sei unangemessen, den Nutzern, die ihre baulichen Investitionen im Vertrauen auf den langfristigen Fortbestand der vertraglichen Nutzungsbefugnis vorgenommen haben, diesen Wert ersatzlos zu nehmen und dem Grundstückseigentümer einen solchen Vorteil unentgeltlich zufallen zu lassen. Der Einwand einer aufgedrängten Bereicherung sollte für rechtmäßig errichtete Gebäude ausgeschlossen sein.

Der BGH erläuterte auch: Das Gesetz unterscheidet danach, ob das Nutzungsverhältnis durch den Eigentümer oder durch den Nutzer bzw. durch ihn verschuldete Kündigung beendet wird. Kündigt der Vermieter, so verliert der Nutzer das von ihm errichtete Gebäude gegen seinen Willen. Er soll eine Entschädigung erhalten, wenn das Gebäude bei Rückgabe noch einen Wert hatte. Der auf seine Investition zurückzuführende und vorhandene Wert soll ihm zugute kommen, und zwar unabhängig davon, ob das Grundstück durch die Bauten eine Werterhöhung erfährt. Kündigt der Nutzer selbst, so bedarf er keines Schutzes bezüglich seiner Investitionen. Er erhält keine Entschädigung. Hat aber – wie im vorliegenden Fall – die Errichtung des Gebäudes zu einer Werterhöhung des Grundstücks insgesamt geführt, so soll nach dem Gesetz diese Werterhöhung dem Nutzer zugute kommen, weil der Eigentümer zur Werterhöhung nichts beigetragen hat.

Die Revision hatte geltend gemacht, dass ein Wettlauf eintrete, bei dem derjenige profitiere, dessen Kündigung zuerst ergehe. Das sei laut BGH nicht zu besorgen. Der Nutzer eines Wochenendgrundstücks errichtet ein Gebäude nicht zu Spekulationszwecken sondern zu langer eigener Nutzung.

Bei Bauwerken, die Erholungszwecken dienen, müsse sich die Bewertung am Sachwertverfahren orientieren, hatte der Gesetzgeber bestimmt. Weil sie nicht der Erzielung von Renditen, sondern zur Eigennutzung dienen. Anders beim Ertragswertverfahren: Das gilt, wenn das Grundstück dazu bestimmt ist, nachhaltige Erträge zu erzielen wie bei Mietwohnhäusern, Geschäfts- und Gewerbegrundstücken. Der BGH entschied also: Es ergibt sich ein Entschädigungsbetrag mindestens in Höhe des Anspruchs.

Urteil des BGH vom 12. März 2008, Az. XII ZR 156/05

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