Eine irrlichternde Idee

  • Ludwig Eckinger
  • Lesedauer: 2 Min.
Karikatur: Christiane Pfohlmann
Karikatur: Christiane Pfohlmann

Derzeit irrlichtert eine Idee durch die Politik: das Recht auf einen Hauptschulabschluss gesetzlich zu verankern. Wer meint, auf diesem Wege die Zahl von Schulabgängern ohne Schulabschluss zu senken, ist aber auf dem falschen Fuß unterwegs.

Tatsächlich ist es ein Problem mit großem sozialen Sprengpotenzial, dass jeder zehnte Jugendliche eines Jahrgangs nicht einmal den Hauptschulabschluss schafft. Das Verabreichen von Hauptschulabschlüssen an Bedürftige wäre aber falsch verstandene soziale Verantwortung. Niemand darf jungen Menschen vorgaukeln, sie hätten mit einem geschenkten Zertifikat größere Chancen. Ein Blick auf den Lehrstellen- und Arbeitsmarkt zeigt, dass die Zeiten für geringqualifizierte Arbeit in Deutschland vorbei sind. Als Berufswahlreife und Zugang für weiterführende Abschlüsse muss der Standard für den Hauptschulabschluss mindestens erhalten bleiben.

Die Hauptschule ist eine Pflichtschule. Insofern wird keinem Jugendlichen der Hauptschulabschluss verwehrt. Mehr Jugendliche zu einem Schulabschluss zu führen, muss an einem anderen Punkt festgemacht werden. Zwar wird viel über die Notwendigkeit geredet, dass in unseren Schulen mehr gefördert und gefordert werden muss. Tatsächlich aber sind Klassen zu groß, es mangelt an Lehrpersonal, Unterricht fällt aus, Zeit fehlt für die Zusammenarbeit mit Eltern. Die sozial unterschiedlichen Ausgangslagen von Schülerinnen und Schülern können zudem Lehrerinnen und Lehrer nicht allein ausgleichen. Nötig ist die Einbindung von Schulsozialarbeitern, Erziehern, Schulpsychologen. Das gilt übrigens für alle Schulstufen.

Mit einem Recht auf Bildung muss der Staat verpflichtet werden, die notwendigen Gelingensbedingungen zu schaffen. Darüber hinaus besteht die Pflicht zur persönlichen Verantwortung jedes Lernenden für seinen erfolgreichen Schulabschluss.

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Der Autor ist Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE).

Karikatur: Christiane Pfohlmann

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