Clinton jetzt auf Versöhnungskurs

Gescheiterte Anwärterin will Niederlage einräumen / Obama schwimmt im Geld

  • Lesedauer: 3 Min.
Von Max Böhnel, New York

Heute will die in den Vorwahlen gescheiterte Nominierungsanwärterin Hillary Clinton ihre Niederlage öffentlich einräumen und die Partei zur Geschlossenheit hinter Barack Obama aufrufen. Unterdessen beginnt der Präsidentschaftswahlkampf.

16 Monate nach Beginn seines Wahlkampfes lässt sich an diesem Sonnabend der 46-jährige Senator aus Illinois, Barack Obama, zum ersten Mal inoffiziell krönen: wenn seine Rivalin Hillary Clinton, die ihm letzte Woche zahlenmäßig unterlag, ihren Verzicht auf den entscheidenden Posten im Weißen Haus erklärt und das Parteivolk zur Unterstützung Obamas aufruft.

Es geht um rund 18 Millionen Wählerinnen und Wähler, die sich in dem zähen und bisweilen unter der Gürtellinie ausgetragenen Vorwahlkampf für Clinton entschieden hatten, doch jetzt von Obamas Qualitäten als Präsidentschaftskandidat überzeugt werden müssen, damit sie nicht ins Lager der Republikaner um deren Kandidaten John McCain überlaufen.

Spekulationen um ein »dream ticket« – Clinton als Vizepräsidentin – machen seit Tagen die Runde. Am Donnerstagabend stellte Clinton allerdings klar, dass allein Obama darüber das Entscheidungsrecht habe. Von sich aus werde sie das Amt nicht anstreben, sagte Clintons Wahlkampfmanager. Obama erklärte, die Suche nach einem geeigneten Kandidaten für die Vizepräsidentschaft sei »die wichtigste Entscheidung, die ich treffen werde, bevor ich Präsident werde«. Er werde dies auf keinen Fall unter Druck tun.

Die beiden waren noch am selben Tag für eine Überraschung gut und trafen sich zu einem internen Meinungsaustausch. Über den Inhalt wurde nichts bekannt. Ein erster Schritt zur Versöhnung der beiden Lager ist jedenfalls die Begleichung der rund 20 Millionen Dollar Wahlkampfschulden Hillary Clintons, davon ein persönlicher Bankkredit von 11,4 Millionen, den sie zurückzahlen muss.

Obamas Berater, der ehemalige Fraktionschef im Senat Tom Daschle, kündigte an, dass ein Teil der Schulden aus Obamas Kasse bezahlt werden würde. Darüber hinaus wird Obama sein eigenes Spendernetzwerk um Finanzen bitten. Deutlich ist jedenfalls, dass der Rückzug Clintons und ihre Verbeugung vor Obama wider Erwarten bislang reibungslos verlaufen. Zuvor war spekuliert worden, Clinton sei eine schlechte Verliererin, klammere sich mit allen Mitteln an die Macht und schade dadurch der Demokratischen Partei.

Obama bestätigte unterdessen, dass Howard Dean der Vorsitzende des »Democratic National Committee« bleiben wird. Damit stellte sich der Kandidat hinter die von Dean entwickelte »50-Staaten-Strategie«. Damit hatte der Parteivorsitzende vor vier Jahren Ressourcen in Bundesstaaten gesteckt, die deutlich von den gegnerischen Republikanern beherrscht werden.

Der Strategie zufolge werden die Demokraten in den fünf Monaten bis zu den Präsidentschaftswahlen etwa in Virginia, Colorado und Idaho ihre Parteiaktivisten zu »Graswurzelpolitik« animieren, um Republikaner und Unabhängige auf ihre Seite zu ziehen.

Ein wesentlicher Grund für den Optimismus, den die Mehrzahl der Parteimitglieder teilt, liegt wiederum im Geld. Allein im April nahm Obama 31 Millionen Dollar an Spendengeldern ein, während derzeit über 50 Millionen Dollar auf dem Konto sind.

John McCain und die Republikaner liegen weit dahinter. Im Mai nahm McCain 21,5 Millionen Dollar ein, was für ihn einen Rekord bedeutet. Summen in dieser Größenordnung gehen an Obama dagegen seit Monaten regelmäßig, ohne dass er sich dazu groß anstrengen muss.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal