Frontex ohne Kontrolle
Antirassistisches Bündnis protestierte in Polen gegen EU-Grenzagentur
Mit einem europaweiten Aktionstag machten jetzt antirassistische Initiativen aus mehreren europäischen Ländern auf Frontex aufmerksam. Zu den Initiatoren gehörten Borders Polen, Menschenrechte ohne Grenzen Potsdam sowie Initiativen aus Italien und Österreich. Amadou M'Bow vom mauretanischen Menschenrechtsverein AMDH ging mit der Grenzagentur hart ins Gericht: »Wir klagen Frontex wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit an. Die Organisation ist für die toten Flüchtlinge verantwortlich, die in der afrikanischen Wüste oder bei der Überfahrt auf alten Schiffen sterben.«
Der Münchner Flüchtlingsexperte Bernd Kasparek bezeichnete Frontex auf einer Pressekonferenz in Warschau »als wichtigen Bestandteil eines tödlichen Grenzregimes europäischer Prägung«. Der Europaabgeordnete der Linkspartei Tobias Pflüger zeichnete ein ernüchterndes Bild vom Einfluss eines Abgeordneten. Die meisten Parlamentarier in Brüssel seien über die Arbeit von Frontex gar nicht informiert. Die Behörde ist den Mandatsträgern gegenüber auch nicht rechenschaftspflichtig. »Es gibt keine Kontrolle. Frontex kann machen, was es will«, so Pflügers Fazit. Als ein Ausschuss des Europaparlaments über die Arbeit debattieren wollte und Verantwortliche einlud, ist niemand erschienen. Lediglich bei der Budgetbewilligung können die Parlamentarier mitentscheiden. Doch eine Mehrheit aus rechten, konservativen, liberalen und großen Teilen der sozialdemokratischen Abgeordneten sorgt dafür, dass Frontex das Geld nicht ausgeht.
So konnte die Organisation ihren Tätigkeitsbereich mittlerweile auch ins Inland ausweiten, wie Pflüger zufällig erfuhr. Auf der Rückreise von Venezuela sei er Zeuge einer Frontex-Übung auf dem Flughafen Frankfurt am Main geworden, bei der alle Passagiere aus Lateinamerika kontrolliert wurden. Pflüger unterstützt die Forderung nach einer Schließung von Frontex. Dies sei aber nur durch einen starken Druck der Öffentlichkeit zu erreichen. In Polen zumindest schienen Passanten gegenüber den Argumenten der Antirassisten durchaus aufgeschlossen. Doch viele hatten auch noch nie etwas von der Organisation gehört. Dieses Informationsdefizit muss abgebaut werden. »Der Aktionstag war ein guter Anfang, doch weitere Aktionen müssen nun folgen«, so das Resümee von Amadeu M'Bow.
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