Fidel Castro feiert mit seinen Kolumnen

Kubas Revolutionsführer bleibt präsent

  • Leo Burghardt, Havanna
  • Lesedauer: 3 Min.
AmMittwoch ist Fidel Castro 82 Jahre alt geworden. Auf seine Staats- und Regierungsämter hat er inzwischen verzichtet. Still um ihn ist es dennoch nicht geworden: Dafür sorgen die regelmäßigen Kolumnen »Reflexionen des Genossen Fidel«.

Fidel Castro ist fast so präsent wie anno dazumal – wenn auch inzwischen mehr medial als physisch. Von der lebensgefährlichen Krankheit, die ihn am 27. Juli 2006 niedergeworfen hatte, ist nicht mehr viel zu spüren. Sie hatte den am vergangenen Mittwoch seinen 82. Geburtstag feiernden Comandante, zunächst provisorisch und 19 Monate später endgültig gezwungen, auf seine Staats- und Regierungsämter zu verzichten.

Nach seiner Erkrankung gehorchte er beharrlich und diszipliniert seinen Ärzten: Er widmete sich seiner Genesung, obgleich er gelegentlich Besucher empfing, vor allem den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, seinen politischen Ziehsohn. Am 29. März 2007 publizierte der wieder zu Kräften kommende Präsident seinen ersten Artikel (»Reflexionen des Comandante«), die eines Tages in »Reflexionen des Genossen Fidel« umbenannt wurden. Sie erscheinen seither in unregelmäßigen Abständen und Längen (auch Überlängen), aber kontinuierlich in den Medien. Das Themenspektrum ist breit: Der Lauf der Welt, Irak, Südossetien, die Olympischen Spiele, die Ernährungs-, Umwelt-, Klima-, Finanz- und Energiekrisen, Kubas Hilfe für Bedürftige (Nelson Mandela: »Das Kuba Fidel Castros ist das solidarischste Land der Welt«), oder er kritisiert »energisch und ohne Umschweife die grausamen Entführungen und Festsetzungen von Gefangenen unter Dschungelbedingungen« durch die kolumbianische Guerilla FARC. Es sind Lehrstücke eines genialen Strategen mit einem »beinahe schon mysteriösen Gespür für Kommendes (Ex-US-Verteidigungsminister McNamarra), dem ein Leben lang Freund und Feind keine Ruhe ließen. Seine Erfahrungen sind einmalig. Die Umwälzungen in Südamerika wären ohne das Beispiel Kubas nicht denkbar. Vor längerer Zeit schon gestand Fidel Castro, dass er täglich viele Telefonate führt und »die Genossen kommen, um sich mit mir zu beraten«. Jedoch in Maßen, versichert er.

Mit eigener Stimme sprechen, sich für soziale Gerechtigkeit und lateinamerikanische Einheit stark zu machen, das war für den Verehrer José Martís seit seiner Studentenzeit Lebensinhalt. Wie muss er Mister William Wieland, den Direktor der Abteilung Karibik des US-Außenministeriums, irritiert haben, als der ihn Anfang 1959 kurz nach dem Sieg der Revolution nach einem Empfang in New York ansprach: »Dr. Castro, ich bin der Mann, der für Kuba zuständig ist.« Und der Gast von der ehemaligen Vasalleninsel ihm freundlich antwortete: »Pardon, nichts für ungut, aber für Kuba bin ich zuständig.«

Die große Mehrheit der Kubaner, nicht nur seine Anhänger, meinen, was ihn von anderen Politikern grundsätzlich unterscheidet, sei, dass er seine Landsleute nie belogen hat. Geirrt hat er sich schon. Fidel Castro im Originalton Anfang 2000: »Wir waren Zeugen vieler Fehler, von denen wir nicht einmal merkten, dass wir sie begingen. Die Macht, die ein Führer hat, wenn er das Vertrauen der Massen genießt, ist riesig ... Ich habe eine Unzahl von Beispielen, dass wir uns bei vielen Dingen verrechnet haben, und zwar sogar diejenigen von uns, die als Theoretiker hohes Ansehen erworben hatten, weil sie die Bücher von Marx, Engels und Lenin durch und durch kannten. Deshalb sage ich: Einer unserer größten Fehler zu Beginn und im Verlauf der Revolution war zu glauben, dass irgendjemand wisse, wie der Sozialismus gemacht werden muss.« Wie er kaputtgemacht werden kann, prophezeite er am 17. November 2005 in der Universität von Havanna: »Von uns selbst!«

Er und seine Nachfolger arbeiten mit Hochdruck, damit das nicht geschieht. Und das sozialistische Kuba ist ja längst nicht mehr allein, es hat neue, treue, und, siehe Venezuela, materiell sogar potente Freunde gewonnen. Zweifellos dank Fidel Castro.

Wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten, ihn zu fragen, was sein sehnlichster Wunsch zum Geburtstag sei, hätte er gewiss ohne zu zögern geantwortet: »Dass unseren fünf Genossen (die sogenannten Miami five, d. Red.), die seit zehn Jahren widerrechtlich in den USA eingekerkert sind, endlich Fairness und Gerechtigkeit widerfährt.« Wir wünschen ihm, dass dieser Wunsch in Erfüllung gegangen ist, wenn er den 83. begeht.

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