UNO kritisiert Deutschland

Länderbericht spiegelt nicht realen Rassismus wider

  • Nissrine Messaoudi
  • Lesedauer: 2 Min.
Rassismus ist in Deutschland kein Randproblem– auch wenn das die Bundesregierung anders sieht. Der Antirassismus-Ausschuss der Vereinten Nationen (CERD) übte am Freitag in Genf Kritik am Länderbericht Deutschlands zum Thema Rassismus.

Die Vereinten Nationen sind besorgt über eine zunehmende Zahl rassistischer Übergriffe in Deutschland. Betroffen seien vor allem Juden, Muslime, Sinti und Roma sowie afrikanische Asylbewerber, heißt es in einem am Freitag in Genf verabschiedeten Bericht des UN-Ausschusses zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung. Bund und Länder müssten die Strafverfolgung verstärken und rassistisch motivierte Straftaten härter sanktionieren.

Der Ausschuss bescheinigte Deutschland ein »veraltetes Verständnis« von Rassismus. Die Bundesrepublik setze diesen mit Rechtsextremismus gleich. Das Forum Menschenrechte sieht sich von der UN in seiner eigenen Kritik bestärkt. »Gerne sieht Deutschland Rassismus als Randproblem und nicht als allgemein gesellschaftliches an«, sagte Yonas Endrias gegenüber ND. Zwar werde rassistische Gewalt öffentlich diskutiert und abgelehnt, aber fremdenfeindliche Einstellungen in der Bevölkerung werden nicht als solche erkannt und berücksichtigt. Das sehe man auch an der mangelnden Genauigkeit des Berichts, für den die Bundesregierung die Verantwortung trägt. Regelmäßig veröffentlichen Nichtregierungsorganisationen wie das Forum Menschenrechte einen Schattenbericht mit Kritik an den jeweiligen Länderberichten. Sie werden beide im Ausschuss diskutiert.

Bereits 2001 hatte die Bundesregierung bei der Weltrassismuskonferenz versprochen, einen Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus aufzustellen. Erst jetzt ist dieser dem Bundesinnenministerium zufolge endgültig zwischen Bund und Ländern abgestimmt und soll demnächst im Kabinett beschlossen werden.

Wie das Forum Menschenrechte bemängelt nun auch die UN die deutsche Statistik zu fremdenfeindlichen Übergriffen. Überfälle auf Menschen mit schwarzer Hautfarbe sind darin nicht dokumentiert. Selbst Zahlen zu Schändungen jüdischer Grabstätten sucht man vergeblich. Insbesondere ging der Ausschuss auf die Situation der Sinti und Roma ein. Sie würden unter anderem bei der Bildung sowie auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt benachteiligt, hieß es. Das Gremium monierte darüber hinaus, dass in Hessen, Baden-Württemberg und im Saarland nicht alle Kinder von Asylbewerbern auf eine Grundschule gingen. Die Behörden müssten alle Hürden für einen Grundschulbesuch beseitigen. Positiv hob der Genfer Ausschuss dagegen die Einführung des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes vor zwei Jahren sowie die Islamkonferenz hervor.

Das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung, auf dessen Grundlage die Länderberichte im Zweijahresrhythmus entstehen, ist seit 1969 in Kraft. Die Berichte sollen die Umsetzung der Resolution kontrollieren. Obwohl das Abkommen Gesetz ist, sanktioniert die UNO keine Verstöße (außer bei großen Vergehen). Sie spricht zwar Empfehlungen, Kritik oder Rügen aus, spürbare Konsequenzen leiten die Vereinten Nationen jedoch nicht ein.

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