»Bescheidenheit ist erlernbar«

Liechtensteins Kapitän Mario Frick über Stärken und Schwächen von »Fußballzwergen«

  • Lesedauer: 3 Min.
Nur 160 Quadratkilometer misst das Fürstentum Liechtenstein, dessen Auswahl der erste Gegner der deutschen Fußballer in der Qualifikation für die WM 2010 ist – heute Abend um 20.45 Uhr im Rheinpark-Stadion von Vaduz. Der Bevölkerungszahl 35 364 entsprechend hat der liechtensteinische Fußballverband nur 1700 Mitglieder; seine sieben Vereine bestreiten keine eigene Meisterschaft, sondern spielen in der schweizerischen Liga mit, der FC Vaduz sogar in der höchsten Spielklasse. Der prominenteste Fußballer des Landes ist MARIO FRICK, der in der italienischen Serie A beim AC Siena spielt. Frick ist mit 13 Treffern aus 79 Spielen der Rekordtorschütze des Landes, das erst seit 1982 Länderspiele bestreitet. Vor dem Match gegen die DFB-Elf sprach ND-Mitarbeiter JIRKA GRAHL mit dem 33-jährigen Liechtensteiner Kapitän.

ND: Herr Frick, wie viele Fußballplätze gibt es in Liechtenstein?
Elf. Elf Gemeinden haben wir, jede hat einen Fußballplatz, so kommt die Zahl zustande.

Und von einem dieser Plätze, von demjenigen in Balzers, haben Sie es bis in die erste italienische Liga geschafft. Respekt!
Na, das war eigentlich nichts Besonderes. Bis 18 habe ich in Amateurmannschaften beim FC Balzers gespielt, am Ende in der Männermannschaft und dann bin ich Profi beim FC St. Gallen geworden. Und von dort ging's immer weiter, bis nach Italien.

Sie haben beide Länderspiele Liechtensteins gegen Deutschland bestritten, 1996 (1:9) und 2000 (2:8). Wie sind Ihre Erinnerungen?
Nicht besonders gut natürlich. 1996 in Mannheim sind wir wirklich untergegangen. 2000 in Freiburg haben wir gut mitgehalten, bis zur 65. Minute stand es 2:2 in Freiburg, ehe wir dann einbrachen und 2:8 verloren.

Sie erzielten in Freiburg seinerzeit das Tor zum 2:2 ...
Ja. Das Tor war eines der wichtigsten in meiner Karriere. Damals saßen eine Menge Fußballscouts auf der Tribüne. Schlussendlich spielte ich bald darauf in Italien.

Warum spielten Sie nie in Deutschland?
Hat sich einfach nicht ergeben. Aber ich hatte deutsche Trainer: Uwe Rapolder, ein guter Coach. Jörg Berger hingegen war eine große Enttäuschung. Kam als großer Zampano nach Basel und dann wären wir beinahe abgestiegen in dieser Saison. Null Taktik!

Wie groß sind die Klassenunterschiede in Ihrem Nationalteam?
Leider riesig. Jeder lizenzierte Regionalligaspieler aus Ihrem Land wäre bei uns Nationalspieler. Wir haben nur 25 Spieler, unter denen der Trainer auswählen kann. Manche spielen 5. Liga. Dafür kennen wir uns alle lange. Bei uns stehen wirklich elf Freunde auf dem Platz – unsere Stärke.

Wie wollen Sie am Samstag gegen die deutsche Elf bestehen?
So wie es ein krasser Außenseiter macht: Lange das 0:0 halten, hinten sicher stehen. Bloß kein frühes Gegentor, das ist der Tod für einen Fußballzwerg wie uns.

Aber Liechtenstein hat ja sogar schon einmal aus einem 0:2 gegen einen Vizeeuropameister noch ein 2:2 gemacht ...
Ja, eines unserer größten Spiele. Gegen Portugal haben wir 2004 ein Unentschieden geschafft. Die waren sich ihrer Sache zu sicher.

Könnte das auch den Deutschen passieren?
Glaube ich nicht, dafür spielen die Deutschen einfach zu ernsthaft und zu konzentriert.

Was könnten die Deutschen vom Fußballzwerg Liechtenstein lernen?
(zögert) Nicht viel. Bescheidenheit vielleicht, wenn ich so in die deutschen Medien schaue. Geht's nach denen, ist das Spiel ja schon entschieden. Bescheidenheit ist erlernbar, sage ich da. Obwohl: Es ist eigentlich auch schon wieder eine Tugend, dass die Deutschen denken, sie wären so unwiderstehlich gut. Denn so gut, wie sie glauben, sind sie gar nicht.

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