Biomasse boomt – trotz mancherlei Einwände

Bundesverband BioEnergie fordert, Heizkessel in Neubauten zu verbieten

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 2 Min.
Trotz kontroverser Debatten um Energie aus Pflanzen gab sich der Bundesverband Bioenergie (BBE) auf seinem Symposium in Kiel optimistisch.

Der BBE-Vorsitzende Helmut Lamp (CDU) wartete in Kiel auf dem von 160 Teilnehmern besuchten ersten Symposium seiner Organisation mit einer drastischen Forderung für den Wohnungsbau auf: Bei Neubauten sollte künftig auf den Einbau von Heizkesseln verzichtet werden.

Angesichts der aktuellen Klimadebatte gebiete es die Ökobilanz, so Lamp, Strom und Wärme aus Bioenergie zu nutzen. Im Zeitalter nötiger Treibhausgasreduzierung vermarktet der 1998 gegründete BBE seine Energieerzeugung als sauberes Produkt und weiß dabei Landwirtschaftsverbände wie –ministerien auf seiner Seite.

Denn wenn Bauern im Nahrungsmittelsektor keine kostendeckenden Preise erzielen, bauen sie sich oft ein zweites Standbein in Form von Biogaserzeugung auf. Eine Folge, die von Umweltverbänden skeptisch betrachtet wird. Zunehmend verschwinden Grünlandflächen, wie Martina Fleckenstein von der Umweltorganisation WWF kritisierte. Immer augenfälliger springen überdimensional große Raps- und Maisfelder ins Auge.

Dieser oft über Monokulturen betriebene Energiepflanzenanbau sorgt nach Auffassung von Detlef Matthiessen, energiepolitischer Sprecher von Bündnis 90/Grüne im Kieler Landtag, dafür, dass der Nahrungsmittelproduktion Flächen entzogen werden. Die Folge: Steigende Pachtpreise und höhere Lebensmittelerzeugerkosten.

Trotz solcher Einwände: Biomasse boomt. Inzwischen wird auch hierzulande die Produktion von Bioethanol nicht mehr belächelt, auch wenn im Vorjahr die Produktion leicht auf 310 000 Tonnen gesunken ist. Förderkapazitäten sind laut Johannes Lackmann vom Verband der deutschen Biokraftstoffindustrie noch genügend vorhanden. Selbst Holz, Gräser, Stroh und Restabfälle, aber auch Tiermehl und Klärschlämme kommen dabei zum Einsatz. Der Synergieeffekt der Verarbeitung von Futter- und Nahrungsmitteln mit der Herstellung von Biokraftstoff ist eine effiziente Verwertung, wie das Beispiel Zuckerrüben zeigt. Über eine Zertifizierung nachwachsender Rohstoffe wird neuerdings die Nachhaltigkeit von Biokraftstoffprodukten beurteilt.

Ferner gibt es Effizienzanalysen, und immer wieder schneidet Brasilien dabei mit seiner Zuckerrohrproduktion am nahezu günstigsten ab, so die Berechnungen von Entwicklungsberater Norbert Schmitz (meo Consulting, Köln). Der verwies darauf, dass auch soziale Faktoren wie Kinderarbeit Eingang in die Bewertungen zu finden haben.

Kein Wunder, dass in Kiel dann unweigerlich eine Moraldiskussion aufkam, die am Beispiel Biokraftstoffe auch über den Slogan »Tank oder Teller« geführt wird. Thomas Schaack, Umweltbeauftragter der Nordelbischen Kirche, stellte fest, dass in der Frage Bioenergieexpansion versus Nahrungsmittelversorgung aktuell Negativauswüchse erkennbar seien und verwies auf den Palmölanbau in Indonesien. Grundsätzlich sei ein verstärkter Bioenergieausbau aber nicht verwerflich. Man müsse sich aber der Gefahren bewusst sein.

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