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Greifswalds Bürgermeister unter Druck

Wohnungsverkauf vor dem Scheitern / Kritik am Aussitzen der Schelsky-Spenden-Affäre

  • Velten Schäfer, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.
Schwere See für Greifswalds Bürgermeister Arthur König. Der potenzielle Käufer der kommunalen Wohnbaugesellschaft teilt die Zweifel der Opposition an der Rechtmäßigkeit der entscheidenden Bürgerschaftssitzung. Gleichzeitig wird in der eigenen Partei Kritik am Greifswalder Umgang mit der Schelsky-Affäre laut.

Noch im Juli war Arthur König obenauf. Im Frühjahr wiedergewählt, glaubte der CDU-Oberbürgermeister von Greifswald, den für seine zweite Amtszeit entscheidenden Deal eingetütet zu haben: Für 60,1 Millionen verkaufte er 49,9 Prozent der Wohnbaugesellschaft WVG an den Investor Kommunale Wohnen AG (KWG). Damit wäre Greifswald kurzfristig schuldenfrei gewesen und König hätte viel Geld gehabt, um sich zu verewigen. Die willfährige Lokalpresse bejubelte den Bürgermeister und haute die rot-rot-grüne Viererbande aus Gerhard Bartels und Marion Heinrich (LINKE), Jost Ae und Michael Steiger (Grüne/OK), die das Beschlussverfahren in Bürgerschaft formalrechtlich angreift, in die Pfanne. (ND berichtete).

Nur zwei Monate später sieht es allerdings düster aus für Arthur König. Gestern musste er bang auf die neue Nummer des »Stadtgesprächs« warten, des lokalen Anzeigenmagazins, das am Nachmittag erscheinen würde. Diesem Blättchen nämlich, nicht der Ostseezeitung, mit ihrem Greifswalder Lokalteil, hatte Sy Schlüter ein Interview gegeben, der Finanzvorstand des Investors KWG. Er erklärt, was die Stadt seit Wochen wissen will: Warum die KWG nicht zahlt.

Teile davon kursierten vorab – und enthielten einen Paukenschlag. Offenbar teilt die KWG die juristischen Zweifel der Bürgerschaftsrebellen: »Der Ablauf (...) ist angreifbar. Ein Gericht könnte noch nach einem Jahr den Beschluss für schwebend unwirksam erklären, was zu einer Rückabwicklung des WVG-Vertrages führen könnte.«

Ärgerlich für König: Die Rechtsunsicherheit hat er sich selbst zuzuschreiben. In zwei Sitzungen innerhalb von nur zehn Tagen wurde der Verkauf in der Bürgerschaft durchgepeitscht. Die erste war nichtöffentlich, die zweite nicht im Amtsblatt angekündigt. Beides, so die Kläger, verstößt gegen die Kommunalverfassung. Zwar wurden bereits zwei Eilanträge zurückgewiesen, doch lediglich aus Verfahrensgründen. In der Sache muss noch entschieden werden.

Zusätzlichen Gegenwind bekommt König aus Schwerin – noch dazu aus der eigenen Partei. Der CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Löttge sagte, er finde es »sehr, sehr traurig«, was »gerade in Greifswald abläuft«. Der dortige CDU-Bundestagsabgeordnete Ulrich Adam hat laut Staatsanwaltschaft 131 000, Oberbürgermeister König immerhin 8000 Euro illegale Wahlkampfspenden vom inhaftierte AUB-Gründer Wilhelm Schelsky erhalten. König bestreitet nach wie vor, selbst Zuwendungen erhalten zu haben. Auch der Greifswalder CDU-Kreisverband will weiterhin nichts von der Spende für den Bürgermeister wissen. Gegen König liegt inzwischen eine Anzeige wegen Steuerhinterziehung vor. Weiter wurde bekannt, dass der Schatzmeister der Greifswalder CDU als Schelskys Verteidiger arbeitet. Die Greifswalder LINKE-Kreischefin Mignon Schwenke fordert Adam zum Rücktritt und König zu rückhaltloser Aufklärung auf. »Ich vermisse bei beiden ein Schuldbewusstsein«, sagte sie.

König sucht derweil die Flucht nach vorn. In der Spendenaffäre soll er bereits eine »freiwillige« Nachzahlung geleistet haben, in Sachen WVG hat er berets am Donnerstag angekündigt, die KWG auf die 60,1 Millionen und den inzwischen aufgelaufenen Zins von 600 000 Euro zu verklagen.

Ein Verfahren gegen die ausgebufften Börsenprofis ist aber nicht ohne Risiko. Gerade Küstenbewohner, meint jemand aus dem Umfeld der Bürgerschaft, »sollten doch wissen, wie schnell man nasse Füße bekommen kann«.

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