Zugespitzter Kampf um PEMEX

Mexikos Präsident verschärft Kurs auf Privatisierung der Ölgesellschaft

  • Albert Sterr
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Parlament Mexikos hat dem staatlichen Ölkonzern PEMEX Investitionsfreiheit gewährt und damit die Zusammenarbeit mit privaten Anlegern erleichtert. Der Oppositionspolitiker Andrés Manuel López Obrador will mit seiner »Bewegung zur Verteidigung des Öls« dagegen mobilisieren.

Der mit einer klaren Parlamentsmehrheit ausgestattete neoliberale Block um die klerikal-konservative Regierungspartei PAN und die abgehalfterte ehemalige Staatspartei PRI hat sich fürs Erste durchgesetzt: Nach dem Abgeordnetenhaus verabschiedete am Dienstag (Ortszeit) der Senat ohne Gegenstimme den PEMEX-Haushalt für das kommende Jahr in Höhe von umgerechnet 178 Milliarden Euro. Bislang zählte das Budget des Ölkonzerns zum Staatshaushalt, ab 2009 kann PEMEX nun frei über Investitionen entscheiden.

Die Neuregelung, für die sich Präsident Felipe Calderón seit seinem Amtsantritt Ende 2006 eingesetzt hatte, wird als erster Schritt zur Öffnung des Staatsunternehmens für privates Kapital gewertet. Vor allem Andrés Manuel López Obrador, der 2006 höchst umstritten gegen Calderón die Wahlen verloren hat, versucht alles, um die Privatisierung von PEMEX zu verhindern. »Unter keinerlei Umständen« werde man erlauben, »dass sich eine Gruppe ambitionierter Investoren die Erdölrente unter den Nagel reißt«, sagte López Obrador. Die Neuregelung würde zwar den ursprünglichen Privatisierungsbestrebungen Calderóns »die Tür versperren«, enthalte aber doppeldeutige Passagen, die eingehend zu prüfen seien. Am Mittwoch (n. Redschluss) würde entschieden, ob die 200 000 Aktivisten, die sich seit Monaten in »zivilen Brigaden« organisieren, zu bürgerlichem Ungehorsam griffen.

Unbeeindruckt von der weltweiten Welle staatlicher Interventionen in der Finanzbranche hält die autoritär-neoliberale Regierung von Felípe Calderón daran fest, ihr Entstaatlichungsdogma weiter in die Tat umzusetzen. Dabei steuert PEMEX 40 Prozent des jährlichen Staatshaushaltes bei.

Die Privatisierungsbefürworter fahren eine Doppelstrategie. Die Energiereform sei absolut notwendig, un d der Gesetzesentwurf enthalte »auch im Entferntesten nichts, was man als Privatisierung interpretieren könne«, so Innenminister Juan Camilo Mourino. PRI-Verhandlungsführer Beltrones: »Dass es klar ist: die Ölreform kommt!« Beide betonen, es sei nicht nötig und obendrein sinnlos, gegen die Reform auf die Straße zu gehen.

Im Zentrum der aktuellen Kontroverse stehen Themen wie die Aufspaltung der PEMEX in mehrere Unternehmensteile, die Vergabe von sogenannten Risikokontrakten an Privatkapital, die Genehmigung von Exploration und Perforation von Ölfeldern in Hochseegewässern Mexikos für Private sowie eine umstrittene Verwaltungsreform der PEMEX. Weiterhin spricht sich López Obrador dagegen aus, dass der Spitze des Staatskonzerns eine juristische Garantie erteilt wird, die sie im Falle schwerer Fehlentscheidungen von vornherein der Gerichtsbarkeit entzieht. Andere heikle Themen wie die ursprünglich beabsichtigte Teilprivatisierung des Pipelinenetzes wurden nach anhaltenden Protesten bereits stillschweigend aus dem Regierungsentwurf entfernt.

Angesichts massiver Lehrerstreiks in mehreren Bundesstaaten, die im Falle des hauptstadtnah gelegenen Morelos in den letzten Tagen zu einem blutigen Militäreinsatz gegen blockierende Lehrerinnen geführt hatten, sowie einer weit verbreiteten, diffusen Unzufriedenheit mit der Regierung, geht der autoritär-neoliberale Block mit seiner Energiereform ein hohes politisches Risiko ein. Es hängt maßgeblich von López Obrador ab, wie sich der Konflikt zwischen dem Regierungsblock und der breiten Masse Unzufriedener weiter entwickelt. Trotz der erklärtermaßen friedlichen Oppositionstaktik können die Konflikte um die PEMEX leicht eskalieren.

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