Renten-Vision

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 2 Min.

Man stelle sich vor, es wäre das 18. Jahr nach der Wiedervereinigung und die Menschen in Ost und West hätten gleiche Lebensverhältnisse. Zu fantastisch? Dann zurück zur Realität: Am Wochenende überlegte das Bundesarbeitsministerium öffentlich, die Rentenwerte Ost und West ungefähr im Jahr 2020 anzugleichen. Nach offiziellen Berechnungen könnte es einheitliche Alterseinkommen also in knapp 50 Jahren geben.

Selbstverständlich ist es eine gute Idee, anzuerkennen, dass Ost- und Westdeutsche gleiche Lebensleistungen vollbracht haben und im Alter gleich behandelt werden müssen. Aber de facto werden ja nicht gleiche Lebensleistungen honoriert, sondern gleiche Löhne. Und die werden auch 2020 nicht gegeben sein, wenn sich die derzeitige Entwicklung hin zu mehr Niedriglöhnen, besonders in den neuen Bundesländern, fortsetzt.

Eigentlich ist es ganz einfach: Wer arbeitet, erwirbt Rentenansprüche. Es gibt keinen Grund, warum diese Ansprüche niedriger ausfallen sollten, nur weil jemand zufällig am »falschen« Ende des Ost-West-Gefälles geboren ist. Im Supermarkt unterscheiden sich die Preise ja auch nicht nach der Himmelsrichtung. Angleichung ist also dringend nötig, sie beginnt aber nicht erst mit dem Eintritt ins Rentenalter. Alle Ungleichheiten, die fast 20 Jahre nach der Wende noch existieren, gehören abgeschafft, weil sie ein Zweiklassensystem festigen, für das es keinen gerechtfertigten Grund gibt. Mit Vorschlägen wie dem des Bundesarbeitsministeriums ist eine Gleichstellung innerhalb überschaubarer Fristen aber nicht zu machen, deshalb wird die Vision von den gleichen Lebensverhältnissen wohl noch lange ein Wunsch bleiben.

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