China mischt mit

Starker Auftritt auf Weltfinanzgipfel erwartet

  • Werner Birnstiel
  • Lesedauer: 2 Min.
Chinas Führung will den gewachsenen wirtschaftlichen Einfluss bei den Verhandlungen über eine neue internationale Finanzarchitektur in die Waagschale werfen.

Auf dem Weltfinanzgipfel in Washington wird Chinas Staatschef Hu Jintao darauf hinweisen, dass sein Land maßgeblich bei der Lösung globaler Fragen mitwirken kann und dies zukünftig noch stärker zu tun gedenkt. Bereits am vergangenen Sonntag hatte Ministerpräsident Wen Jiabao ein Konjunkturprogramm im Umfang von 457 Milliarden Euro verkündet. Es soll bis 2010 im sozialen Wohnungsbau für untere Einkommen, beim Ausbau der Infrastruktur im ländlichen Raum, für Projekte der Wasser- und Elektrizitätswirtschaft sowie des Transportwesens wirksam werden. Es gibt zusätzliche Anreize für Umweltschutz und bei der Einführung technischer Innovationen. Für Unternehmen werden die Bedingungen für Kreditvergaben gelockert und Steuererleichterungen gewährt.

Ebenso zielt das komplexe Vorgehen darauf, das gefährlich überhitzte Wirtschaftswachstum (11,1 und 11,4 Prozent in 2006 bzw. 2007) auf etwa 8,5 Prozent zu senken und den Modernisierungsprozess stärker auf die Binnenwirtschaft auszurichten. Strukturbestimmende Branchen sollen qualitativ weiterentwickelt werden.

Das Kernziel ist, die politisch brisante zunehmende soziale Kluft zwischen Stadt und Land zu entschärfen. Vor allem auf dem Lande sollen mehrere Millionen neue, einigermaßen qualifizierte Arbeitsplätze entstehen. Dadurch wird, so die Erwartung, die Binnennachfrage nachhaltig gestärkt und sich schrittweise ein ausgewogeneres Verhältnis zur viel zu hohen Exportabhängigkeit ergeben. Ebenso wird daran festgehalten, in Schlüsselbereichen wie dem Banken- und Versicherungssektor die staatliche Kontrolle zu erhalten.

Solche Vorgaben hatte bereits der 17. Parteitag der KP Chinas im Oktober 2007 formuliert. Sie werden mit dem Reform- und Konjunkturpaket erweitert und zugleich präzisiert. Das heißt, der Schlüssel zur Lösung der Kernfragen bleibt die strategische Einflussnahme der KP Chinas auf die makroökonomische Wirtschaftsentwicklung und deren alles andere als konfliktfreie Umsetzung durch die örtlichen Regierungen.

Außenpolitisch und außenwirtschaftlich ergibt sich daraus für Chinas Führung auf dem Weltfinanzgipfel, eigene Interessen so durchzusetzen, dass die Hegemonie der G7-Staaten schrittweise eingeschränkt und global eine neue Finanzarchitektur durchgesetzt wird. Da Hongkongs Börse mittlerweile zu den führenden Finanzplätzen zählt, kann Chinas Führung auch in diesem Bereich globalen Einfluss geltend machen. Dazu gehört auch, dass die großen Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China die Kapital- und Handelsströme untereinander erheblich intensivieren.

Dieser Prozess vollzieht sich auch innerhalb der südostasiatischen Staatengruppe ASEAN und mit China. Erst kürzlich wurde ein 80-Milliarden-Dollar-Fonds der ASEAN sowie Chinas, Japans und Südkoreas eingerichtet, der den Währungen dieser Staaten aus Krisen helfen soll.

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