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Wer muss für ordnungsgemäße Zufahrt sorgen?

Wegerecht von hintereinanderliegenden Grundstücken

  • Lesedauer: 5 Min.

Drei Familien wohnen auf drei hintereinanderliegenden Grundstücken. Zwei Familien müssen das Wegerecht in Anspruch nehmen. Wie und wer muss für eine ordnungsgemäße Zufahrt garantieren und haften und wer übernimmt die Schnee- und Eisbeseitigung? Wer ist verantwortlich für Pflege der vorderen Straßenfront?
Horst G., 13051 Berlin

1. Ein Wegerecht ist in der Regel eine Grunddienstbarkeit, durch die sich der Eigentümer eines Grundstück (des dienenden Grundstücks) verpflichtet, dem Eigentümer eines anderen Grundstücks (des herrschenden Grundstücks) die Benutzung seines Grundstücks als Weg zu gestatten. In der Regel liegt der Bestellung eines Wegerechts ein schuldrechtlicher Vertrag zugrunde. Häufig ist sie Bestandteil eines Grundstückskaufvertrages – z. B. wenn ein Grundstückseigentümer den hinteren Teil seines Grundstücks an einen Hinterlieger verkauft und diesem gleichzeitig ein Wegerecht einräumt.

Da Wegerechte sehr häufig zum Streit führen, empfiehlt es sich, das Wegerecht detailliert auszugestalten. Zunächst muss die Lage des Wegerechts möglichst genau bezeichnet sein. Das geschieht zweckmäßigerweise durch Verweis auf eine karthographische Darstellung. Eine Skizze genügt. Dazu gehört weiterhin die Präzisierung des Inhalts des Wegerechts (begehen, befahren, wer darf befahren, nur der Eigentümer des Hinterliegergrundstücks oder auch seine Familienangehörigen, Freunde, Lieferanten, bestellte Taxen, Versorgungsfahrzeuge; muss bei Befahren mit dem Fahrrad abgestiegen werden usw.?). Häufig ist das Wegerecht mit einem Leitungsrecht gekoppelt. Ein weiterer Problemkreis ist die Errichtung und Unterhaltung des Weges. Schließlich wird eventuell eine Rente für die Nutzung des Weges vereinbart.

Wenn der Eigentümer des Weges diesen nicht auch selbst nutzt, ist es für ihn zweckmäßiger, die Wegefläche an den Nutzer zu verkaufen, da sie ihm selber nichts nützt und er sich dadurch viel Ärger, der häufig mit dem Wegerecht verbunden ist, sparen kann.

Für den Fall, dass hinsichtlich Unterhaltung und Errichtung des Weges nichts vereinbart ist, gilt § 1020 BGB, wonach derjenige, der zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage unterhält, diese in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten hat, soweit das Interesse des Eigentümers es erfordert. Eine Anlage in diesem Sinne ist auch ein Weg, unabhängig davon, wie er befestigt ist. Schon Fahrspuren genügen.

Wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks den Weg alleine nutzt, hat er also die erforderlichen Unterhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Daraus folgt, dass er auch die Verkehrssicherungspflicht trägt und bei eventuellen Unfällen haften muss. Ihm obliegt auch die Schneeberäumung, soweit sie erforderlich ist.

Wenn der Weg von mehreren genutzt wird, fallen ihnen diese Pflichten anteilig zu. Das gilt auch für den Fall, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks den Weg auch selber nutzt. Das war lange Zeit streitig. Er wurde in diesem Fall für allein unterhaltungspflichtig angesehen. Auf die Beziehungen der Berechtigten untereinander wird das Gemeinschaftsrecht des BGB angewendet. Im Zweifel, also wenn unterschiedliche Anteile nicht feststellbar sind, sind gleiche Anteile an den Pflichten anzunehmen (§ 748 i. Verb. m. § 742 BGB). Bei der Bestimmung des Umfangs der Nutzung können solche Gesichtspunkte eine Rolle spielen, wie die Anzahl der Fahrzeuge der einzelnen Berechtigten, mit denen sie den Weg befahren. Das betrifft also Errichtung (gegebenenfalls z. B. auch den Einbau) eines Tores und Unterhaltung des Weges, Verkehrssicherungspflicht, Haftung und Winterdienst.

Wenn sich ein Berechtigter weigert, eine Unterhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme durchzuführen, die das Interesse des Eigentümers erfordert, kann der Eigentümer die Maßnahme durchführen lassen und von dem Berechtigten im Umfang von dessen Kostenbeteiligung Erstattung der Kosten als Schadensersatz statt der Leistung verlangen (BGH-Urteil, Az. 5 ZR 42/04).

2. Andere Prinzipien gelten für die Pflege der vorderen Straßenfront, die sich meist im Gemeindeeigentum befindet.

In Berlin ist nach dem Berliner Straßenreinigungsgesetz das Land Berlin für die ordnungsmäßige Reinigung der in den Straßenreinigungsverzeichnissen A und B aufgeführten Straßen verantwortlich (§ 4 Abs. 1, Satz 1). Die Kostentragung dafür ist in § 7 des Gesetzes eindeutig geregelt. Die Entgelte sind von den Anliegern und Hinterliegern im Verhältnis der jeweiligen Grundstücksflächen nach Quadratmetern zu zahlen (Absätze 2 und 3).

Weniger klar ist die Regelung bezüglich der im Straßenreinigungsverzeichnis C aufgeführten Straßen. § 4 Abs. 1, Satz 2 des Gesetzes besagt, dass die Reinigung den Anliegern vor ihren Grundstücken bis zur Straßenmitte obliegt. Anlieger werden in § 5 Abs. 1 als Eigentümer oder sonstige dinglich Berechtigte der an eine öffentliche Straße angrenzenden Grundstücke definiert. § 4 Abs. 1 S. 3 besagt dann aber hinsichtlich der Straßen der Reinigungsklasse C, dass sie dem Land Berlin obliegt, wenn Anlieger und Hinterlieger fehlen. Daraus kann man schließen, dass auch die Hinterlieger zur Reinigung verpflichtet sind. Das sind nach § 5 Abs. 1, Satz 2 die Eigentümer oder sonstigen dinglich Berechtigten solcher Grundstücke, die von einer öffentlichen Straße aus eine Zufahrt oder einen Zugang haben.

Der Winterdienst obliegt nach § 4 Abs. 4 des Gesetzes in jedem Fall, also unabhängig von den Straßenreinigungsklassen, den Anliegern. In diesem Fall ist von Hinterliegern keine Rede. Es ist allerdings nicht einzusehen, warum sie in diesem Fall nicht herangezogen werden sollten.

Die Straßenreinigungsregelungen anderer Bundesländer sind klarer und sehen eindeutig vor, dass Anlieger und Hinterlieger nicht nur zur Zahlung der Entgelte, die von den Kommunen gefordert werden, herangezogen werden, sondern dass sowohl Anliegern als auch Hinterliegern auch die Straßenreinigung obliegt, die nicht von der Kommune durchgeführt wird, sowie der Winterdienst.

Prof. Dr. DIETRICH MASKOW, Rechtsanwalt, Berlin

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