»Mein Herz schlägt für die Hasenfüße«

  • Lesedauer: 3 Min.
Letzte Woche hatte der Tom-Cruise-Film »Operation Walküre – Das Stauffenberg Attentat« in Berlin Premiere. Mit auf den roten Teppich gelaufen kam auch ein rosaroter Riesenhase samt Augenklappe. Nach kurzer Verwirrung wurde er als Störer erkannt und von Sicherheitskräften abgeführt. Die Naturfreundejugend Berlin will mit ihrem »Pink Rabbit« noch öfter in diesem Jahr bei Veranstaltungen auftauchen, in denen sich »Deutschland abfeiert«. ND-Redakteurin Ines Wallrodt sprach mit dem »falschen Hasen« über nationalistische Mythen und was ein Hase dagegen ausrichten kann.

ND: Bei der Premiere des neuen Stauffenberg-Films standest Du kurz auf dem roten Teppich. Was war das für ein Gefühl?
Das war ein schönes Gefühl. Nicht nur, dass ich offenbar viele Menschen verwirrt habe, es waren auch viele Fans da. Als ich später von zwei Männern vom Teppich geschoben wurde, riefen die Fans: »Freiheit für den Hasen!« Das hat mich gerührt, »Danke« an meine Fans! Andererseits war ich hinterher auch froh, wieder die Augenklappe abnehmen zu können. Anders als Guido Knopp behauptet, sieht man mit dem Zweiten nicht besser. Nur eindimensional.

Was wolltest Du überhaupt da? Bist du ein Fan von Stauffenberg?
Ein Fan? Ich bin schon beeindruckt vom 20. Juli. Da gibt es einen Kreis von Leuten, der bis 1944 in leitender Position mithoppelt. Viele von denen haben sich ja während des Vernichtungskriegs der Wehrmacht nicht gerade in ihren Bau verkrochen. Die haben sich noch bis kurz vor Schluss ihre Pfötchen schmutzig gemacht. Diese Leute nun zu nationalen Superhelden zu stilisieren und mit ihnen kollektiv die deutsche Bevölkerung zu entlasten – gegen diese ideologische Meisterleistung bin ich nur ein ganz kleiner »falscher Hase«.

Aber im Ernst: Mein Herz schlägt für diejenigen, die so gern als »Hasenfüße« schlecht gemacht werden. Die Deserteure, die Verweigerer, ganz einfach all die Leute, die den Mut hatten, nicht mitzumachen. Das waren leider nur sehr wenige.

Du hast etwas gegen deutsche Helden. Sollten wir lieber Dich verehren?
(Lacht.) Ich sag’s mal mit Edgar Allan Poe: »Kein Heroen-Verehrer verfügt über irgendwelche inneren Werte.«

Du sagst auch, »Deutschland ist mir Möhre«. Aber Hasen lieben doch Möhren.
Ich richte mich ja an die Menschen und nicht an die Hasen. Da die meisten Tom-Cruise-Fans nicht solche Rohkostfans sind wie ich, habe ich es so formuliert, dass auch sie es verstehen. Diese Deutschen sind ja nur für eine sehr bestimmte Intelligenz berüchtigt.

Glaubst Du, dass Deine Kritik angekommen ist? Eigentlich hast Du ja nur freundlich gewunken.
Ich falscher Hase irritiere Menschen häufig schon durch meine Anwesenheit. Ich hoffe, dass das einige zum Nachdenken darüber bringt, was im gewohnten Bild noch alles nicht stimmt.

Warum kannst Du die Mythen besser angreifen als zum Beispiel Menschen mit Transparenten?
Bei vielen Events, die im Jahr 2009 auf uns zukommen, würde auch mir nicht mehr einfallen, was man auf Transparente noch draufschreiben soll. Es ist an Absurdität kaum noch zu überbieten, wenn der »Spiegel« die Varusschlacht zur Geburt der Deutschen macht und der 1937 gegründete Zwangsarbeiter-Ausbeuter Volkswagen Deutschland für »60 Jahre Vertrauen« dankt.

Wo wirst Du noch auftauchen?
Dieses Jahr kommt mit 20 Jahre Mauerfall und 60 Jahre Bundesrepublik ein ganzer Bau voll Veranstaltungen auf uns zu, bei denen Deutschland abgefeiert werden soll. Ich werde versuchen, bei möglichst vielen dieser nationalistischen Inszenierungen den Leuten die Löffel lang zu ziehen.

www.pink-rabbit.org

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