Auch Pferde?

  • Reinhard Renneberg, Hongkong
  • Lesedauer: 3 Min.

Große Preisfrage: Wer ist der umsatzstärkste Wirtschaftssektor Hongkongs? Sie werden überrascht sein – die richtige Lösung lautet: das Pferderennen, organisiert vom legendären Jockey Club!

Fitness spielt hier natürlich eine besonders große Rolle. Vor ein paar Monaten beschrieb ich an dieser Stelle, wie wir sie bei Studenten gemessen haben. Üblicherweise werden auch Versuche mit Tieren gemacht, und so liegt eine Erinnerung an den in der DDR legendären Sketch des sowjetischen Satirikers Michail Sostschenko »Die Kuh im Propeller« (zu sehen bei www.youtube.com) nahe: Auf die ängstlich geäußerte Frage eines Bauern »Auch Pferde?« können wir mit Grigori Kossonossow (Manfred Krug) triumphierend antworten: »Auch Pferde! Das kommt oft vor!«

Der biochemische Hintergrund sei noch einmal zusammengefasst: Fitness und körperliche Leistungsfähigkeit sind mit ausdauernder Muskelarbeit verbunden. Dafür stellt der Körper den Muskelzellen Zucker und Fette als Energieträger bereit. Bei Muskelbelastung kommen diese unter Verbrauch von Sauerstoff in der sogenannten »kalten Verbrennung« zum Einsatz. Für andauernde Hochbelastungen reicht aber der bereitstehende Sauerstoff nicht mehr aus. Mehr und vor allem schnell verfügbare Energie liefert dann die Gärung. Ohne Mitwirkung von Sauerstoff (anaerob) wird hierbei Muskelglykogen über Glucose zu Milchsäure (Laktat) abgebaut. Bei dieser Gärung zur zusätzlichen Energieversorgung entsteht nicht Alkohol, sondern Laktat. Je trainierter man ist, desto besser ist allerdings auch die Sauerstoffversorgung, und umso weniger Laktat bilden die stark beanspruchten Muskelgruppen. Ein idealer Ansatz für Fitness-Tests der Muskeln!

So haben wir also bei Rennpferden in Hongkong in Zusammenarbeit mit der Leipziger Firma SensLab und Bernd Gründig die Werte für Laktat im Pferdeblut vor und nach einem drei- bis fünfminütigen, natürlich sehr energieaufwändigen, Pferderennen gemessen. Der Messwert steigt hier beim schlecht trainierten Pferd schnell an, weil dessen Muskeln schlechter mit Sauerstoff versorgt werden. Glucose wird fast ohne Sauerstoff zu Laktat umgesetzt. Je trainierter ein Pferd ist, desto weniger Laktat entsteht. Das Pferd ist »fit«.

Aber: Der berühmte Hongkonger Jockey Club verrät mir leider niemals, zu welchen Pferden welche Blutproben gehören. Das erfolgt, wie der Club schlau sagt, »zu meiner eigenen Sicherheit«. Es könnte ja sonst sein, dass Bösewichter für ihre Wetteinsätze von mir den Namen des fittesten Pferdes durch Folter oder Erpressung herauszubekommen versuchten.

Nun kommt aber die herbe Realität: Das »fitteste« Pferd ist natürlich nicht automatisch der Sieger des Rennens! Die große Kunst (oder eben das Versagen) des menschlichen Jockeys sorgt dafür, dass das Ergebnis nicht so eindeutig vorhersagbar ist. Warum testet dann der Club die Fitness? Ich vermute, man will eventuell sehen, welcher Jockey nicht das Letzte aus seinem Pferdchen herausholt. Manchmal bestimmen andere Interessen den Sieger – aber das können die Pferde natürlich nicht wissen ...

Wäre es anders, nur biologisch bestimmt, hätte ich vielleicht schon den Pferdejackpot geknackt. Ich würde dann meine ersten gesammelten Biolumnen unter dem Titel »Katzenklon, Katzenklon« gratis an alle treuen ND-Leser verschenken. Bis dahin muss man sie noch beim Spektrum-Verlag für schlappe 9,90 Euro kaufen. (Merkt man sehr, dass ich schon 14 Jahre in der »Stadt des Geldes« zu Hause bin?)

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