Die Spur der Zweibeiner

Homo ergaster lief schon vor 1,5 Millionen Jahren so ähnlich wie der moderne Mensch

  • Walter Willems
  • Lesedauer: 3 Min.

Schon vor 1,5 Millionen hatten menschliche Vorfahren verblüffende Ähnlichkeit mit dem heutigen Homo sapiens. Analysen von Fußspuren im Norden von Kenia liefern den bislang frühesten Hinweis auf einen effizienten aufrechten Gang. Der damalige Homo ergaster, von dem die Abdrücke vermutlich stammen, ähnelte dem modernen Menschen aber nicht nur in Bezug auf die Fortbewegung, sondern auch in Größe, Gewicht und Proportionen der Gliedmaßen. Damit sei er ein wichtiges Glied in der menschlichen Evolution, schreibt das britisch-amerikanische Forscherteam um Matthew Bennett von der Universität Bournemouth im Fachjournal »Science« (Vol. 323, S. 1197).

Der älteste Urahn auf zwei Beinen ist Homo ergaster allerdings bei weitem nicht: Die frühesten Hinweise auf einen aufrechten Gang sind etwa sechs Millionen Jahre alt. Und Fußabdrücke, die 1978 in Laetoli in Tansania entdeckt wurden, zeigen, dass auch der vor rund 3,7 Millionen Jahren lebende Australopithecus afarensis auf zwei Beinen gehen konnte. Sonst verband diesen Hominiden allerdings nur wenig mit dem heutigen Menschen: Er war wesentlich kleiner und leichter, zudem stand der große Zeh in weitem Winkel ab, was dafür spricht, dass der Australopithecus ihn noch zum Hangeln in den Bäumen gebrauchte.

Dagegen ist der Homo ergaster, den ein Teil der Forscher auch für eine frühe Form des Homo erectus hält, dem Menschen schon wesentlich ähnlicher. Dies ergibt die Analyse etlicher Fußspuren aus zwei verschiedenen Feinsandschichten, die Anthropologen nahe Ileret am Turkana-See im Norden von Kenia freilegten. Der Fuß weist schon die heutige Anatomie auf: Er ist stark gewölbt, und die Zehen sind relativ kurz, wie die Anthropologen berichten. Im Gegensatz zum Australopithecus verläuft der große Zeh weitgehend parallel zu den übrigen. Auch die Schrittlänge und die Tiefe der gefundenen Abdrücke deuten darauf hin, dass der Ahn in Bezug auf die Körpergröße und das Gewicht dem heutigen Menschen schon weitgehend entsprach. Angesichts der Schrittlänge schätzen die Forscher die Größe des Homo ergaster auf etwa 1,75 Meter. Auffällig ist ferner das Verhältnis der Gliedmaßen zueinander: Erstmals in der menschlichen Evolution sind die Beine länger als die Arme.

Vor allem aber zeigt die Analyse der Fußabdrücke, dass der Gang in nahezu allen Einzelheiten dem heutigen Gehen entsprach: Zunächst das Aufsetzen der Ferse, dann die Gewichtsverlagerung und das Abrollen über den Fußballen und schließlich das Abdrücken des großen Zehs. »Das sind die Kennzeichen des modernen menschlichen Gangs, die mit einem langen Schritt und ausgedehnten unteren Gliedmaßen verbunden sind – dem Schlüssel zur energetischen Effizienz des Gehens«, schreiben die Forscher. Der Homo ergaster besiedelte damals offenbar schon weite Teile Afrikas. Weitere Überreste wurden in Tansania, Äthiopien und Südafrika entdeckt.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal