Teilerfolg gegen das Horten von Daten

Wiesbadener Gericht bewertete Vorratsspeichern als unzulässig

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Im Kampf um den Datenschutz ist eine wichtige Entscheidung gefallen. Ein Gericht hat die umstrittene massenhafte Vorratsspeicherung elektronischer Daten als unzulässig bezeichnet.

Wiesbaden (ND/Agenturen). Als erstes deutsches Gericht hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden die Vorratsdatenspeicherung, gegen die vor dem Bundesverfassungsgericht eine Sammelklage von 34 000 Bürgern anhängig ist, als unzulässig bewertet. Die seit dem vergangenen Jahr geltende Regelung stelle einen Verstoß »gegen das Grundrecht auf Datenschutz« dar, heißt es in einem am Montag bekannt gewordenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 27. Februar. Die Massenspeicherung sei in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig, befand das Gericht. »Der Einzelne gibt keine Veranlassung für den Eingriff, kann aber bei seinem legalen Verhalten wegen der Risiken des Missbrauchs und des Gefühls der Überwachung eingeschüchtert werden.« Hintergrund des Beschlusses ist eine Klage, bei der es um die Veröffentlichung von Empfängern von EU-Agarsubventionen im Internet ging.

Jedoch hat der Beschluss des Verwaltungsgerichts keinerlei rechtliche Bindung, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Es handele sich lediglich um eine juristische Meinungsäußerung. Das Gericht beschloss, den gesamten Vorgang dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Dort war die entsprechende Richtlinie der EU zur Datenspeicherung jüngst als zulässig bestätigt worden, jedoch hatte das Gericht dies allein nach formalen Kriterien bewertet. Die Frage, ob die Richtlinie die Grundrechte verletzt, wurde ausdrücklich nicht beurteilt. Das Bundesverfassungsgericht hatte im letzten Jahr in einer vorläufigen Entscheidung die Anwendung des Gesetzes eingeschränkt. Auch seine endgültige Entscheidung steht noch aus.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Initiator der Sammelklage in Karlsruhe, begrüßte gleichwohl die Wiesbadener Gerichtsentscheidung. Er forderte SPD und Union auf, das neueste Vorhaben der Regierung zu stoppen, Internetanbieter künftig auch zur flächendeckenden Aufzeichnung des Surfverhaltens im Internet zu ermächtigen. Der Bundestag berät am Donnerstag in Erster Lesung über das Vorhaben. Nach Auffassung des Arbeitskreises sollte eine Grundrechteagentur alle Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden überprüfen.

Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung legt fest, dass die Telekommunikationsdaten aller Bürger zur Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität für sechs Monate gespeichert werden. Unternehmen müssen festhalten, wer mit wem am Telefon gesprochen hat, wer das Internet benutzt und an wen E-Mails verschickt hat.

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