Rassentrennung im Süden Italiens

In Foggia (Apulien) sollen ab sofort Extrabusse für Asylbewerber verkehren

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.
Es klingt unglaublich, weil es an Zeiten erinnert, die man längst vergangen glaubte. Doch es ist Realität. Und zwar in Foggia, Provinzhauptstadt in der süditalienischen Region Apulien.

Ab sofort wird es in Foggia zwei Arten von Bussen geben: die einen für die »Einheimischen«, die anderen für die Asylbewerber aus dem Auffanglager »Buona speranza«, was pikanterweise »Gute Hoffnung« heißt. Die Verantwortlichen rechtfertigen sich damit, dass es in der Vergangenheit wohl »Probleme« gegeben habe.

Rosa Parks ist in die Geschichte eingegangen. Die afroamerikanische Schneiderin aus Montgomery in Alabama war die erste, die sich 1955 weigerte, im hinteren Teil des Autobusses Platz zu nehmen, der für die »Neger« reserviert war. Rosa Parks wurde verhaftet. In den Geschichtsbüchern werden die Proteste, die darauf folgten, als Beginn des Kampfes gegen die Rassentrennung in den USA und der Menschenrechtsbewegung um Martin Luther King beschrieben. Im Jahre 2009 aber fühlt man sich in Apulien in genau jenes Klima zurückversetzt.

Die Verantwortlichen der Stadt Foggia haben beschlossen, einen »Sonderbus« für die Asylbewerber einzusetzen, die in dem völlig überfüllten Auffanglager am Stadtrand leben – 1000 Menschen, wo eigentlich nur 400 Platz hätten. Die Einheimischen, die in dieser Gegend wohnen, müssen sich also fortan nicht mehr mit den Migranten – zum größten Teil Nordafrikaner – mischen. Ihr Bus, man könnte ihn den »weißen Bus« nennen, wird eine andere Route nehmen und andere Haltestellen anfahren. Es gibt die Linie 24 und die Linie 14/1.

Natürlich weist man in Foggia den Vorwurf des »Rassismus« entrüstet zurück. Aber man gibt zu, dass zumindest auch Sicherheitsbedenken zu der Neuerung geführt haben. Der Bürgermeister der Stadt, der Demokrat Orazio Ciliberti, hat erklärt, man wolle einfach nur »den öffentlichen Nahverkehr verbessern«. Allerdings habe es in der Vergangenheit Beschwerden von Seiten der Einwohner und auch von einigen Busfahrern gegeben. Es sei zu Streitigkeiten und auch zu Tätlichkeiten gekommen … Aber natürlich dürfe jeder jeden Bus benutzen, mit Rassismus habe das überhaupt nichts zu tun.

Diese Art der Rassentrennung in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist in Italien durchaus kein Einzelfall. Ein weiterer wurde aus Bari gemeldet, Hauptstadt von Apulien und nur einige Kilometer südlich von Foggia gelegen. Im Stadtteil Palese, auf dem Gelände eines ehemaligen Militärflughafens, liegt ein weiteres Auffanglager für Asylbewerber. Auch hier habe es »Bus-Probleme« zwischen Migranten und Einheimischen gegeben. Letztere sollen den Busfahrer sogar aufgefordert haben, keine »Schwarzen« einsteigen zu lassen. Um die Rassentrennung perfekt zu machen, hat die Stadt beschlossen, für die Migranten Shuttle-Busse zur Verfügung zu stellen. Nur für sie und unentgeltlich. Die Behörden halten das für eine gute Lösung und verstehen überhaupt nicht, warum es in Italien plötzlich eine Protestwelle gibt. Einer der Verantwortlichen für den öffentlichen Nahverkehr von Foggia, Massimo Dicecca, unterstreicht, dass man doch nur eine funktionalere Lösung für die Bürger habe schaffen wollen, eine Lösung, von der alle etwas hätten, sowohl die Einheimischen als auch die Asylbewerber. Er versteht nicht, wieso er plötzlich so viele Journalistenanfragen erhält.

Etwas mehr hat offensichtlich der Ministerpräsident der Region Apulien, Nichi Vendola, verstanden. Vendola war einst Mitglied der »Partei der Kommunistischen Neugründung« (Rifondazione Comunista – PRC), dann gehörte er zu den Gründern der Partei »Sinistra« (Linke). Er erklärte: »Diese Initiative muss gestoppt werden. Sie schmeckt nach Rassentrennung.« Aber mit großer Wahrscheinlichkeit ist die Rassentrennung in den Autobussen von Foggia vom heutigen Montag an – zumindest vorerst – bittere Wirklichkeit.

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