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Federal Mogul droht Streik

IG Metall fordert Belegschaft zur Urabstimmung auf

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Im hessischen Werk des US-Automobilzulieferers Federal Mogul brodelt es. Von Massenentlassungen und Betriebsschließung ist die Rede. Dagegen macht die IG Metall jetzt mobil – es drohen Streiks.

Der Konflikt um angedrohte Massenentlassungen im Wiesbadener Werk bei Federal Mogul (früher Glyco) spitzt sich zu. Für Montag und Dienstag hat die IG Metall ihre Mitglieder im Betrieb zur Urabstimmung über einen Arbeitskampf zur Durchsetzung eines Sozialtarifvertrags aufgerufen, nachdem sich in den zurückliegenden Verhandlungen mit der Geschäftsleitung die Unterschiede als unüberbrückbar erwiesen haben.

In dem Wiesbadener Betrieb, der unter anderem Gleitlager und Buchsen für die Automobilindustrie herstellt und von dem drastischen Einbruch der Branche betroffen ist, möchte die Geschäftsleitung jetzt rasch 436 der rund 1600 Werksangehörigen loswerden. Weil aber Betriebsrat und IG Metall betriebsbedingte Kündigungen möglichst vermeiden möchten und andere Lösungen vorgeschlagen haben, drohte die Geschäftsleitung mittlerweile mit einer kompletten Stilllegung des Betriebs und goss damit weiter Öl ins Feuer. Für Empörung sorgte auch die Ankündigung des Managements, den Betroffenen bei Verlust des Arbeitsplatzes als Abfindung pro Beschäftigungsjahr lediglich das Viertel eines Monatslohns auszuzahlen. Schon vor zwei Wochen hatte die Belegschaft in einem befristeten Warnstreik ihren Unmut kundgetan

Federal Mogul ist der größte Metallbetrieb im Raum Wiesbaden und hat einen gewerkschaftlichen Organisationsgrad von rund 90 Prozent. In der Urabstimmung, die heute Abend um 20 Uhr beendet sein wird, sollen die Gewerkschaftsmitglieder darüber befinden, ob sie zum Arbeitskampf zur Durchsetzung eines Sozialtarifvertrags bereit sind. Mit einem Ergebnis wird in den späten Abendstunden gerechnet.

»Die Konzernleitung in den USA und die Helfershelfer in Wiesbaden sind nach wie vor der Überzeugung, dass der Personalabbau für sie der einzige richtige Weg ist«, bemängelt der Betriebsratsvorsitzende Alfred Matejka. Er kritisiert das »kurzfristiges Denken dieser US-amerikanischen Kapitalisten«, die nur den Profit von heute und nicht die längerfristige Entwicklung im Blick hätten. Betriebsrat und Gewerkschaft hingegen möchten statt Massenentlassungen die Möglichkeiten der Kurzarbeit voll ausschöpfen und in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit Qualifizierungsmaßnahmen für die Belegschaft durchführen.

Am vorletzten Wochenende hatten alle Belegschaftsangehörigen einen persönlichen Brief der Geschäftsleitung erhalten, der vor den gewerkschaftlichen Forderungen und möglichen Arbeitskampfmaßnahmen warnte und die Haltung von Betriebsrat und IG Metall kritisierte. »Dies war ein Versuch, die Belegschaft zu verunsichern«, kommentiert Matejka das Schreiben und ist sich sicher, dass dieser Versuch einer Spaltung zwischen Belegschaft, Betriebsrat und IG Metall »nicht gelingen werde.« Die Verunsicherung einzelner Belegschaftsangehörigen sei in den letzten Tagen ausgeräumt worden. »Bei der Urabstimmung werden wir sehen, wer den Kampf um die Köpfe der Mitarbeiter gewonnen hat – die Geschäftsleitung oder wir«, bringt es der Betriebsrat auf den Punkt.

Um zu verhindern »dass jede Belegschaft für sich alleine kämpft und am Ende auch noch verliert«, möchte der ver.di-Sekretär und Wiesbadener Kreisvorsitzende der LINKEN, Jörg Jungmann, jetzt Betriebsräte und gewerkschaftliche Vertrauensleute aus der Region in einem »Aktions- und Solidaritätsbündnis zur Rettung der Arbeitsplätze« an einen Tisch bringen. Dieses Bündnis soll für eine Vernetzung sorgen, den gesellschaftlichen Widerstand organisieren und auf die Straße bringen. »Machen wir die Solidarität mit der Glyco-Belegschaft zu einem ersten Kristallisationspunkt des Widerstands«, fordert Jungmann.

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