Ein ruhiger Fluss

The Limits of Control von Jim Jarmusch

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Filme von Jim Jarmusch sind Reisen, geografische und spirituelle, voller flüchtiger Begegnungen, die zu unerwarteten Einsichten führen, gebettet in einen losen erzählerischen Zusammenhalt. In »The Limits of Control« führt die Reise per Flugzeug nach Madrid, im Zug nach Sevilla und weiter per Lieferwagen in die Spaghetti-Western-Landschaft im Hinterland von Almería. Der Reisende – zum vierten Mal bei Jarmusch dabei – ist Isaach de Bankolé als namenloser Held, ein Wartender mit Auftrag, eine schweigsame Leerstelle, an deren langsamer Route andere für Momente angespült werden. Moral- und Gangsterstücke wie John Boormans »Point Blank« und Jean-Pierre Melvilles »Der eiskalte Engel« sind Referenzpunkte, Aphorismen über den Sinn des Lebens bilden eine leitmotivische Verzahnung, sich überlappende Wiederholungen der immer gleichen Worte und Handlungen.

Der Namenlose wird in einer Flughafen-Lounge in seinen Auftrag eingewiesen, sitzt wartend in Cafés und bestellt immer genau zwei Espressi, geht ins Museum, wo es immer just ein Bild ist, das ihn fasziniert, übt Tai-Chi in schäbigen Appartements und wird von wechselnden Kontaktpersonen angesprochen, die Streichholzschachteln mit ihm tauschen, in denen mal Diamanten sind, mal nur beschriebene Zettel. Tilda Swinton in schlohweißer Perücke doziert über Film als Traum und schweigende Filmhelden, John Hurt über den Begriff der Bohème und die Komik von Aki Kaurismäki, Gael García Bernal gibt sich manisch, Hiam Abbas ebenso wortkarg wie der Held, bevor sie jäh in arabische Lyrik ausbricht.

Erkennungs-Code ist ein Satz auf Spanisch, der sich selbst ad absurdum führt, und im Bett des Reisenden taucht wiederholt eine Versucherin im durchsichtigen Regenmantel auf, während hoch oben ein Überwachungshelikopter ominöse Kreise zieht. Aber dass ein paar Kinder den auffallenden Fremden mit dem kantigen Gesicht für einen amerikanischen Gangster halten möchten wie im Kino, das amüsiert den sonst emotionslos beherrschten Besucher doch. Der Blick von Kameramann Christoph Doyle (und Ausstatter Eugenio Caballero) verhilft dem Film zu radikal sehenswerten Orten, eine Reihe langsam bewegter Bilder, die gelegentlich vollends zum Stillstand kommen.

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