Der Putsch trifft nicht nur Honduras

Schlägt das Pendel in Lateinamerika wieder nach rechts aus?

  • Leo Burghardt, Havanna
  • Lesedauer: 3 Min.
Am heutigen Sonnabend soll es in Costa Rica eine zweite Runde von Vermittlungsgesprächen in Sachen Honduras geben. Er werde versuchen, eine Regierung der nationalen Einheit für Honduras oder eine Amnestie anzustoßen, sagte Costa Ricas Präsident Oscar Arias.

Der legitime honduranische Präsident Manuel Zelaya äußerte am Donnerstag: »Es gibt noch Hoffnung, eine offene Tür.« Dem venezolanischen Fernsehsender VTV gegenüber bekräftigte er sein Vorhaben, in seine Heimat zurückzukehren. Am Montag noch hatte er den Putschisten ein Ultimatum gestellt: Wenn sie bis zum nächsten Treffen in Costa Rica nicht die Möglichkeit schüfen, die Legalität in Honduras wiederherzustellen, werde man entsprechende Maßnahmen ergreifen. Aber wer? Und welche?

Ist von USA-Präsident Barack Obama ein Machtwort zu erwarten? Sicherlich weiß Obama, dass der Staatsstreich in Honduras nicht ohne US-amerikanisches Zutun vorbereitet wurde. Namen wie Negroponte, Reich und Ratcliff sprechen für sich. John Negroponte war der zivile Stratege des Contra-Krieges gegen die Sandinisten, der auf honduranischem Boden seine Nachschubbasis hatte. Otto Reich war unter George W. Bush Verbindungsmann zu den antikubanischen Organisationen. Bennett Ratcliff, Spezialist für Public Relations, ist nur scheinbar unbescholten. Sie alle wieselten seit Monaten in Honduras herum. Obama hat freilich mehr als einmal gesagt, dass ihm der Staatsstreich in Honduras gegen den Strich geht. Der Mann hat es nicht leicht, das erkennen selbst die Kubaner an, die ihn in ihren Medien relativ milde behandeln. Nicht nur, dass er Bushs Kriege und dessen Finanzchaos übernehmen musste, er hat ja auch die Ultrarechten und die Rassisten beider Parteien am Hals. Außerdem ignorieren lateinamerikanische Militärs, die seit Anfang des 19. Jahrhunderts 321 Mal putschten, traditionsgemäß die zivilen Instanzen der Vereinigten Staaten.

Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva fordert, die Putschisten »sehr hart und sehr konsequent« zu behandeln. Denn welchen Makel habe Präsident Zelaya auf sich geladen? Er wollte ein Referendum einberufen, bei dem »die Bevölkerung hätte entscheiden können, ob sie in Zukunft eine Wiederwahl ihres Präsidenten wünscht oder nicht«. Lula erinnerte an Margret Thatcher, Helmut Kohl und Felipe González. Die hätten zwölf Jahre und länger das Sagen gehabt – abgesegnet vom Wähler. Brasilien jedenfalls hat seine militärische Zusammenarbeit mit Honduras für beendet erklärt. Dem argentinischen Vizeverteidigungs-minister Alfredo W. Forti wurde ein Papier zugespielt, in dem eine Gruppe honduranischer Obristen von zunehmender Zerrissenheit in den Streitkräften berichtet haben soll. Man habe »bald die Grenzen der Möglichkeit erreicht, den wachsenden Druck des Volkes zu überstehen«. Ein Blutbad bahne sich an. Gibt es verfassungstreue Offiziere? Ist das Papier echt?

Viel steht auf dem Spiel: Der Putsch, meinen hiesige Medien, richte sich gar nicht so sehr gegen Zelaya, sondern gegen Hugo Chávez und die Bolivarianische Allianz für Unser Amerika (ALBA). Beide – sowohl die Person als auch der Pakt – hätten schließlich Chancen, in absehbarer Zeit die Vorherrschaft der USA in Lateinamerika und der Karibik zu brechen.

Ein gelungener Putsch in einer Zeit scheinbaren Friedens und hochgejubelter Demokratie kann das Pendel erneut nach rechts ausschlagen lassen. Die Putschisten und ihre Berater setzen auf Verschleiß durch Verzögerung. Einen Strich durch die Rechnung können ihnen letztendlich nur die Honduraner machen. Immerhin haben sich die sozialen Organisationen von ihrer Überraschung erholt. Gelingt es ihnen, die sich tagtäglich rührende Anti-Putsch-Bewegung zu stärken? Putschpräsident Roberto Micheletti und der legitime Präsident Zelaya sind Mitglieder derselben Liberalen Partei, deren Jugendorganisation sich jetzt entschlossen hat, für Zelaya auf die Straße zu gehen.

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