Klimaschutz mit eckigen Klammern

Weiteres Vorbereitungstreffen des Kopenhagen-Gipfels läuft in Bonn

  • Johann Martens
  • Lesedauer: 2 Min.
In Bonn sind diese Woche rund 2400 Delegierte aus 192 Ländern zusammengekommen, um in informellen Gesprächen den Klimagipfel in Kopenhagen vorzubereiten. Dort soll im Dezember der Nachfolgevertrag des Kyoto-Protokolls unterschrieben werden.

Die Erwartungen an ein neues Klimaschutzabkommen ab 2012 sind hoch. Nun drängt die Zeit. Anlässlich der Eröffnung der Gespräche in Bonn zeigte sich der Chef des dort ansässigen UN-Klimasekretariats, Ivo de Boer, besorgt über das schleppende Tempo der Verhandlungen. »Wir stehen vor hochgradig divergierenden Interessen, haben nur noch wenig Zeit, ein kompliziertes Dokument auf dem Tisch und müssen noch eine Menge Fortschritte in einigen sehr wichtigen Fragen wie Finanzen machen.«

Immerhin haben es die Klima-Diplomaten schon geschafft, einen Verhandlungstext zusammenzuschustern. Der umfasst allerdings mehr als 200 Seiten und ist voll mit eckigen Klammern, die strittige Punkte markieren. Einer der wichtigsten davon: Um wie viel Prozent müssen die Industriestaaten bis 2020 ihre Treibhausgasemissionen reduzieren?

China, Indien und viele andere Entwicklungsstaaten fordern 40 Prozent, die kleinen Inselstaaten, von denen einige durch den steigenden Meeresspiegel akut in ihrer Existenz bedroht sind, gar 45 Prozent. Das hört sich viel an, bezieht sich aber auf das Niveau von 1990, das einige Staaten, vor allem in Osteuropa, bereits erheblich unterschreiten. Außerdem ist es im Rahmen dessen, was die Klimawissenschaftler als nötig benennen, um die globale Erwärmung auf ein halbwegs erträgliches Maß von zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Dennoch verhalten sich die Industriestaaten ausgesprochen bockig. Selbst die EU bietet nur eine Reduktion um 20 Prozent an und ist allenfalls bereit, auf 30 Prozent zu erhöhen, wenn andere mitziehen. Die USA, die bisher keine Anstrengungen unternahmen, liegen mit den Emissionen deutlich über dem 1990er Niveau. Für sie liefe die Forderung der Entwicklungsländer darauf hinaus, den Treibhausgasausstoß innerhalb eines Jahrzehnts halbieren zu müssen – ein Kraftakt, den auch der viel gelobte Barack Obama den US-Amerikanern nicht zumuten möchte.

Die Länder des Südens beharren darauf, dass endlich Hilfe beim Aufbau umweltfreundlicher Industrien geleistet wird, wie es bereits die UN-Klimarahmenkonvention vorsieht. Schon vor eineinhalb Jahren wurde beschlossen, einen Fonds für die Anpassung an die unvermeidbaren Klimaveränderungen einzurichten. Etwa 100 Milliarden US-Dollar jährlich werden benötigt, ein Betrag, der schon 2020 auf 150 Milliarden US-Dollar angewachsen sein wird. Die Verursacher des Klimawandels, die Industriestaaten, haben bisher jedoch nur einen Bruchteil zugesagt.

Es wäre schon viel, wenn es bei dem Treffen in Bonn gelänge, den Verhandlungstext merklich abzuspecken. Auf der langen Zielgerade vor Kopenhagen sind dann noch zwei weitere UN-Konferenzen in Bangkok (September/Oktober) und Barcelona (November) geplant. Außerdem findet am 22. September auf Einladung von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon noch ein Klimatreffen von Staats- und Regierungschefs in New York statt.

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