Kurden im Visier

Neue Repressionswelle in der Türkei

  • Martin Dolzer
  • Lesedauer: 2 Min.
In den kurdisch besiedelten Gebieten der Türkei dauert eine Welle von Verhaftungen an.

Bereits im Frühjahr hatten die türkischen Justizbehörden mehr als 400 Funktionäre der im türkischen Parlament vertretenen prokurdischen Demokratischen Gesellschaftspartei Partei (DTP) festgenommen. Vorgeworfen wurde den Politikern die angebliche Unterstützung einer terroristischen Organisation – der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Seit Freitag vor einer Woche wurden in den kurdischen Städten Diyarbakir, Van und Kiziltepe mindestens 17 weitere Personen festgenommen. Wie schon im Frühjahr konnten die Betroffenen in den ersten 24 Stunden keine Anwälte kontaktieren.

Die Festnahmewelle dauert an. Im Rahmen von Razzien wurden von der türkischen Antiterrorpolizei auch Computer und weitere Materialien beschlagnahmt. Unter den Festgenommenen sind vor allem Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltungen und der Frauenrechtsorganisation SELIS, die Bildungsprogramme anbietet und von häuslicher Gewalt betroffene Frauen betreut. Auch eine Journalistin der unabhängigen Nachrichtenagentur Dicle Haber Ajansi wurde festgenommen.

Die DTP forderte die sofortige Freilassung der Festgenommenen. Parteivorsitzender Ahmet Türk sieht die Repressionen im Kontext mit den trotz einseitigen Waffenstillstands der PKK andauernden Militäroperationen der türkischen Armee. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan machte in einer Parlamentsrede deutlich, dass seine Regierung zur Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts, neben minimalen kulturrechtlichen Zugeständnissen wie zweisprachigen Ortsschildern, weiterhin hauptsächlich auf Repression und die militärische Auseinandersetzung mit der PKK setzt. Die inhaftierten DTP-Funktionäre hatten dagegen den türkischen Behörden im August einen detaillierten Plan für den Frieden unter Einbeziehung aller politischen Akteure übergeben.

- Anzeige -

Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Dank der Unterstützung unserer Community können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen

Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -