Werbung

Stichwahl am Hindukusch?

Afghanistans Präsident Karsai kam offenbar nur auf 47 Prozent

  • Lesedauer: 2 Min.
Der neue Präsident Afghanistans wird offenbar erst nach einer Stichwahl feststehen. Der afghanische Botschafter in den USA, Said Tajeb Dschawad, bezeichnete eine Stichwahl nach dem umstrittenen Wahlergebnis als »wahrscheinliches Szenario«.

Kabul/Washington (Agenturen/ND). Amtsinhaber Hamid Karsai verfehlte einer Untersuchung der afghanischen Wahlbeschwerdekommission zufolge die absolute Mehrheit. »Wenn dies der Fall ist, müssen alle hart arbeiten«, sagte Botschafter Dschawad in Washington.

Eine etwaige Stichwahl zwischen Karsai und seinem schärfsten Herausforderer Abdullah Abdullah dürfe jedoch nicht allzu lange aufgeschoben werden, um Staaten wie die USA, die derzeit über eine Truppenaufstockung beraten, nicht in Schwierigkeiten zu bringen. »Anfang November ist der spätestmögliche Zeitpunkt, da es danach besonders im Norden Afghanistans zu kalt wird«, sagte Dschawad. Sollte eine Stichwahl gar wegen des Winters auf den Frühling verschoben werden, würde das zu einem »Desaster und zu Verwirrungen« führen. Botschafter Dschawad ist der erste Vertraute Karsais, der öffentlich von der Möglichkeit einer Stichwahl spricht.

Die UNO hatte zwei Monate nach der Präsidentenwahl in Afghanistan am vergangenen Wochenende erstmals von einem größer angelegten Wahlbetrug gesprochen. Der Wahlgang war praktisch von Beginn an von Betrugsvorwürfen überschattet gewesen, die vor allem auf das Lager Karsais zurückfielen. Laut dem vorläufigen Ergebnis gewann Amtsinhaber Karsai die Wahl am 20. August mit 54,6 Prozent der Stimmen, Abdullah kam auf knapp 28 Prozent. Die »Washington Post« berichtete unter Berufung auf Diplomatenkreise, die Untersuchung des Wahlergebnisses durch die afghanische Wahlbeschwerdekommission (ECC) reduziere den Stimmenanteil für Karsai auf 47 Prozent. Weil Karsai dann im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit erhalten hätte, wäre eine Stichwahl auf jeden Fall nötig. Der ECC-Bericht sollte am Freitag abgeschlossen werden, die Ergebnisse bezeichnete ein US-Diplomat in Afghanistan als »äußerst verblüffend«.

Der Zeitung zufolge wurden in London bereits Stimmzettel mit den Namen Karsais und Abdullahs gedruckt. Sie seien inzwischen bei der UNO-Mission in Kabul eingetroffen.

Unterdessen kamen bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans vier US-Soldaten ums Leben. Wie die NATO-geführte Afghanistan-Truppe ISAF mitteilte, wurden zwei Soldaten bei der Explosion eines Sprengsatzes getötet, zwei weitere erlagen später ihren Verletzungen. Der dänische Generalstab teilte mit, dass bei Kämpfen mit Taliban in der Provinz Helmand dänische Soldaten ein Kind und zwei Zivilisten töteten.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal