8000 öffentlich geförderte Arbeitsplätze

SPD und Linkspartei einigten sich über die Braunkohle und wollen die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide forcieren

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Potsdam (ND/dpa). Brandenburg will bis 2014 erstmals in öffentlich finanzierte Beschäftigung einsteigen und rund 8000 sozialversicherungspflichtige Jobs schaffen. Etwa 40 Millionen Euro sollen Bund, Land, Kommunen und freie Träger für diese Jobs zur Verfügung stellen. Die Arbeitsplätze sollen dem Allgemeinwohl dienen. Darauf einigten sich SPD und Linkspartei am Freitag bei der zweiten Koalitionsrunde in Potsdam. Sie informierten auch über nun erzielte Einigkeit beim Thema Braunkohleverstromung, wo es bislang sehr unterschiedliche Anschauungen gab.

»Die Koalition hält an der Verstromung des wichtigen einheimischen Energieträgers Braunkohle als Brückentechnologie fest«, kündigte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) an. Eine rot-rote Landesregierung werde sich solange für die Nutzung in Deutschland stark machen, bis der Energiebedarf sicher und zu international wettbewerbsfähigen Preisen gedeckt werden könne.

Man habe sich darauf verständigt, dass erneuerbare Energien weiter ausgebaut werden und sie Vorrang haben, sagte Linksfraktionschefin Kerstin Kaiser, deren Partei eigentlich den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2040 möchte. Vor dem Hintergrund des bislang abgelehnten CCS-Verfahrens – der unterirdischen Verpressung von Kohlendioxid – sollen aber nun die Belange der Betroffenen beachtet werden, betonte Kaiser.

Die Koalitionsrunde sprach sich zudem für ein Vergabegesetz, für einen bundeseinheitlichen Mindestlohn, für regionale Wachstumskerne und eine stärker ökologisch ausgerichtete Förderpolitik aus. Zudem soll die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide forciert werden. Laut Zeitplan soll der Koalitionsvertrag bis zum 28. Oktober vorliegen. Am Montag gibt es die dritte Verhandlungsrunde. Zur Debatte standen am Freitag außerdem Bildung, Wissenschaft und Kultur. Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Marie Luise von Halem, hatte die Linkspartei aufgefordert, beim Thema Bildung gegenüber Kürzungsplänen der SPD nicht einzuknicken. »Wer bei der Bildung spart, verschläft die Zukunft.«

Mit Freude haben die Brandenburger Studierendenschaften nach eigenem Bekunden den Wechsel von der SPD-CDU-Koalition zu Rot-Rot aufgenommen. »Im Wahlkampf haben sich beide Parteien für eine bessere Bildung ausgesprochen«, erinnerte Niels Gatzke, Sprecher der Studenten in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Bei Bibliotheken und Studentenwerken müsse mehr investiert werden. Abgeschafft gehören nach Ansicht von Gatzke versteckte Studiengebühren, die als Rückmelde- und Immatrikulationsgebühren getarnt seien. Eine gute Lehre müsse nicht automatisch mehr Geld kosten, findet Janosch Raßmann vom Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (AStA) der Universität Potsdam. Eine bessere Hochschuldidaktik würde seiner Ansicht nach schon viel bringen.

Viele melden sich jetzt mit ihren Anliegen, um während der Koalitionsverhandlungen Druck zu erzeugen. Doch manche sehen auch gelassen zu. So besteht die Volksinitiative »Musische Bildung für alle« nicht darauf, dass sich ihre Forderungen im Koalitionsvertrag finden. Man sei mit dem Sammeln der Unterschriften schon so weit, dass sich das Anliegen auch auf anderem Wege durchsetzen lasse, heißt es. Kern des Problems bei den Musikschulen im Bundesland ist eine Kürzung der Gelder von 3,3 auf 2,6 Millionen Euro, die bereits im Jahr 2003 erfolgte.

Unterdessen wird über die angeblich geplante Streichung von 3000 Polizistenstellen geredet. In der ihm eigenen Art und Weise habe Finanzminister Rainer Speer (SPD) die Koalitionsverhandlungen belastet, rügte Andreas Schuster, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). »Alles spricht jetzt von Bekämpfung der Polizei«, bedauerte er. »Insider wissen jedoch, dass die Forderung von Speer vollkommen an der Realität vorbei geht.« Allein durch Beschäftigte, die in den Ruhestand treten, reduziere sich die Zahl der Landesbediensteten bis 2014 auf zirka 44 900. Rechne man die jährliche Fluktuation von einem Prozent hinzu, verbleiben 42 080 Stellen. Es könnten also – wie vereinbart – 1400 Lehrer, 450 Computerspezialisten und 1050 Polizisten eingestellt werden. Bei dieser Rechnung werde die Zielvorgabe von 45 500 Stellen noch um 3400 unterboten, erläuterte der GdP-Chef. Wenn jährlich 300 Polizisten eingestellt werden. dann wäre der von der Linkspartei und Teilen der SPD gewollte Stopp des Personalabbaus der Polizei erreicht.

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