Karlsruhe prüft Hartz-IV-Sätze für Kinder

Klagen dreier Familien werden vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt

  • Ina Beyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Am heutigen Dienstag verhandelt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder unter 14 Jahren. Geprüft werden soll die Bemessungsgrundlage der Leistungen.

Die Regelsätze für bundesweit rund 1,7 Millionen Hartz-IV-Kinder stehen auf dem Prüfstand. Die Karlsruher Richter müssen darüber befinden, ob die Leistungen zwischen 215 und 251 Euro für Kinder unter 14 Jahren deren tatsächlichen Bedarf abdecken.

Verhandelt werden die Klagen dreier Familien aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern, die höhere Leistungen für ihre unter 14-jährigen Kinder durchsetzen wollen. Die Fälle wurden Karlsruhe vom Landessozialgericht Hessen und vom Bundessozialgericht Kassel (BSG) vorgelegt.

Die Sozialrichter kamen in ihren Urteilen zu der Einschätzung, dass die Leistungen verfassungswidrig sind, weil sie lediglich durch einen pauschalen Abschlag auf die Hartz-IV-Sätze für Erwachsene festgelegt worden wurden. Dies verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip.

Zudem sei nicht ersichtlich, wie die Regierung den Bedarf der Kinder ermittelt habe. Aus Sicht der Sozialrichter hätte der Gesetzgeber den Erziehungs- und Betreuungsbedarf der Kinder exakt ermitteln müssen. Zu erkennen sei beispielsweise nicht, dass Bildungsausgaben eingerechnet worden seien, bemängelte das BSG.

Gegenwärtig erhalten Kinder je nach Alter einen pauschalen Anteil vom Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen (359 Euro). Bei den unter 6-Jährigen sind dies 60 Prozent (215 Euro) monatlich, bei den 6- bis 13-Jährigen 70 Prozent (251 Euro) und bei den über 13-Jährigen 80 Prozent (287 Euro) monatlich. In einem ersten Schritt wird das Bundesverfassungsgericht nun die Berechnungsmethode des Hartz-IV-Satzes für Erwachsene unter die Lupe nehmen. Ein Urteil über die verhandelten Klagen wird indes erst für Anfang nächsten Jahres erwartet.

Sozialrechtsexperten gehen schon jetzt davon aus, dass Karlsruhe höhere Regelsätze für Hartz-IV-Kinder fordern wird. Dies zöge deutliche Mehrausgaben für die öffentlichen Kassen nach sich. Eine Erhöhung um zehn Prozent etwa schlüge im Sozialhaushalt mit 200 Millionen Euro zu Buche.

Auch mehrere Sozialverbände, halten die Sätze für zu niedrig. Als »Armutssätze«, die nicht zum Leben reichten, bezeichnete Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, die gegenwärtigen Leistungen in der »Frankfurter Rundschau«. Der Verband errechnet einen monatlichen Bedarf von 340 Euro für Hartz-IV-Kinder, der jüngste Existenzminimum-Bericht der Bundesregierung geht sogar von einem kindgerechten Bedarf von 502 Euro aus.

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