Koalition in trockenen Tüchern

Fünf Minister für die SPD, vier für die LINKE / Nur noch Restfragen zu klären

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

In trockenen Tüchern – zumindest so gut wie. So hieß es gestern vom Koalitionsvertrag einer künftigen rot-roten Landesregierung. Einen veränderten Ministeriumszuschnitt wird es geben, die SPD besetzt fünf, die LINKE vier Ministerien.

Johanna Wanka, Fraktionschefin der nach zehn Jahren nun oppositionellen CDU, kommentierte die Kunde vom erfolgreichen Ende der Verhandlungen mit den Worten: »Das war doch zu erwarten.« Tatsächlich aber haben die Gegebenheiten der Vergangenheit in Brandenburg einen solchen Ausgang keineswegs nahe gelegt.

Zwei, drei strittige Restfragen waren gestern im Laufe des Tages noch zu klären, sagte LINKEN-Verhandlungsführerin Kerstin Kaiser, bevor sie ihre Fraktion informierte. Und über die Namen der künftigen Minister wolle sie nicht sprechen. Abends wurde der Text des Koalitionsvertrages ausgefertigt und an die Unterbezirke gesandt.

Kaiser zeigte sich zufrieden darüber, dass in wesentlichen Bereichen das Werk von politischen Zielen und Forderungen der LINKEN bestimmt sei. »Er trägt eindeutig die linke Handschrift«, doch habe es auch Zugeständnisse an die SPD gegeben Die Ministerien Finanzen, Wirtschaft, Justiz und ein neu zugeschnittenes Ministerium, das die Bereiche Gesundheit, Verbraucherschutz und Umweltpolitik vereint, werden künftig von Politikern der LINKEN geführt. Die SPD behält Bildung, Jugend und Sport sowie Arbeit, Soziales und Frauen. Sie ist auch für das Ressort Kultur und Wissenschaft zuständig. Dazu kommen die Ministerien für Infrastruktur und Inneres.

Heute werden die Landesvorstände die Vereinbarung diskutieren. Für den 4. November planen beide Parteien Landesparteitage. Am 6. November könnte der SPD-Landesvorsitzende Matthias Platzeck erneut zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Die rot-rote Regierung löst nach zehn Jahren die Große Koalition ab.

Die Geräuschlosigkeit des Verfahrens in den vergangenen zehn Tagen konnte man nur bestaunen. Denn mit Blick auf die vergangenen 20 Jahre war eher zu erwarten, dass der tief verinnerlichte Abstand nicht über Nacht aus der Welt zu schaffen sein würde. Der Ton, der all die Jahre im Landtag zwischen beiden Fraktionen geherrscht hat, war meistens sachlich, mitunter aber auch eisig.

Offenbar war es der enorme Gegenwind, der die beiden langjährigen Streithähne zu einem geradezu harmonischen Erfolg verdammt hatte.

Vor allem Matthias Platzeck musste sich einer bis heute anhaltenden Wut über seine Entscheidung zugunsten der LINKEN erwehren. Doch ist die im eigenen Landesverband entstandene Unruhe wieder abgeebbt. Ein innerhalb der SPD verbreiteter Protestbrief prominenter SPD-Politiker hat nach Bekundung des Initiators, des Ex-Bundestagsabgeordneten Ernst Bahr, »nur eine geringe Resonanz« gefunden. Seiner Meinung, Platzeck begehe »Verrat an der eigenen Partei«, schlossen sich nur wenige an. »Ich habe mit einer entschiedeneren Gegenwehr gerechnet«, bekannte Bahr. Doch sehe er inzwischen »diesen Kampf als verloren an«.

Aus der Tatsache, dass die neuen Koalitionäre jetzt nicht über Nacht alle in der Vergangenheit eingeleiteten Maßnahmen stoppen und korrigieren, schloss die CDU, dass es »keine neuen Ansätze« gebe. Die eingeleitete Wende zu einem öffentlichen Beschäftigungssektor bezeichnete Fraktionschefin Wanka als »Jobattrappe«. Das vereinbarte Schüler-BAföG für sozial schwächere Kinder gilt ihr als »Symbol«.

Der als künftiger Bundesfinanzminister gehandelte Wolfgang Schäuble (CDU) sprach – bezogen auf die Entwicklung in Potsdam von »Schande« und provozierte damit den Hinweis des brandenburgischen SPD-Generalsekretärs Klaus Ness, dass die CDU in Brandenburg nicht einmal 20 Prozent der Wählerstimmen binden könne.

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