Nur nicht zusammenbrechen

Roland Emmerich und der »absolute Katastrophenfilm«

  • Lesedauer: 3 Min.
Nach »Independence Day« und »The Day after Tomorrow« lässt Roland Emmerich einmal mehr die Welt untergehen. Ausgangspunkt von »2012« ist das Ende des Kalenders der Maya am 21. Dezember 2012. Dann stehen die Planeten in einer Konstellation, die den Erdkern schmelzen lassen und zu Verschiebungen der tektonischen Erdplatten führen. Nur ein kleiner Teil der Menschheit kann in acht gewaltigen »Archen Noah« überleben. Natürlich nur die wichtigsten Regierungschefs und Menschen, die eine Milliarde Dollar für den Fahrschein haben.

ND: Warum sind Katastrophenfilme beim Publikum so erfolgreich?
Emmerich: Weil sie da Dinge sehen können, die sie noch nie gesehen haben und die sie nie erleben wollen. Der 11. September 2001 hat die Türen noch weiter geöffnet. Im Zentrum der Filme stehen normale Menschen, Menschen wie du und ich. Das schafft ein Gefühl der Gemeinschaft. Für einen Filmemacher ist das relativ einfach. Ich kann sehr viel machen, und das Publikum weiß nie, wer am Ende überlebt. Ich kann mir aussuchen, wen ich plötzlich sterben lasse und wen nicht.

Sie wollten etwas machen, »was nicht mehr zu überbieten ist: den absoluten Katastrophenfilm«. Besser, größer als alles Bisherige. Was hat der Weltuntergang gekostet?
200 Millionen Dollar. Bei einem anderen Regisseur wären es mindestens 250 gewesen. Die Studios, in diesem Fall Sony, schätzen meine Sparsamkeit und geben mir alle Freiheiten und Rechte. Niemand durfte uns dreinreden. Das fand ich recht cool.

Wissen Sie schon, wo Sie sich am 21. Dezember 2012 aufhalten werden?
»2012« ist Hollywood-Entertainment. Ich möchte mit meiner Familie und allen Menschen, die ich liebe, zusammen sein und ein schönes Weihnachtsfest feiern. Ich hoffe, dass ich nicht schluchzend zusammenbreche, wenn sich dann das, was ich im Film zeige, wirklich ereignet.

Sie glauben also nicht, dass die Welt wirklich 2012 untergehen könnte?
Wenn sie untergeht, dann eher durch unsere permanenten Umweltsünden. Oder ein Idiot wirft wirklich eine Bombe. Der in Nordkorea zum Beispiel oder aus Teheran.

Sie lassen Los Angeles, Hawaii, Washington, Rio und Rom untergehen. Sie zeigen auch die Pilger in Mekka, aber bevor auch der Kaaba Unheil geschieht, blenden Sie aus?
Daran erkennen Sie den Zustand dieser Welt. Ein paar fanatische Muslime schaffen es, dass ein westlicher Mensch etwas völlig Natürliches lieber nicht zeigt.

Ihr erster Film war das »Arche Noah-Prinzip«. Schließt sich da ein Kreis?
Hier mache ich die Rolle rückwärts, und es geht wieder um Archen. Was, fragten wir uns, muss passieren, damit wirklich fast überall Wasser ist? Und dann ging es um Dinge wie: Wer ist Gott? Wer ist Noah?

Haben Sie eine Antwort gefunden?
Gott ist die Wissenschaft, die die nahende Katastrophe vorhersagt. Und Noah? Das sind die Regierenden dieser Welt. Rund um sie haben wir die große Menge der Unwissenden, zu denen auch ich gehöre. Genauso wie Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger.

Und die deutsche Regierungschefin. Sie ist bei Ihnen eine Frau, die lange keine Meinung hat und sich dann der Mehrheit anschließt. Ein boshafter Querschuss auf Angela Merkel?
Aber nein … Ich habe auch optische Ähnlichkeiten vermieden. Wenn die Auserwählten die Arche betreten, dann ist nur die englische Queen relativ erkennbar. Die Italiener etwa haben mir vorgeworfen, dass ihr Regierungschef nicht wie Berlusconi aussieht. Natürlich nicht, denn der echte, glaube ich, würde schnell öffentlich beten und dann das erste Flugzeug nach Asien – wo die Archen ankern – besteigen.

Interview: Katharina Dockhorn

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