Jung und ruhig in Kiel

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 2 Min.

Es zeugt von Selbstbewusstsein, mit 24 Jahren den Vorsitz des Landesverbandes einer Partei zu übernehmen. Marlene Löhr besitzt dieses Selbstvertrauen offenbar. Am letzten Wochenende übernahm sie einen der beiden Vorsitzendenposten der Grünen in Schleswig-Holstein – als jüngste Landesvorsitzende ihrer Partei. Vor Verantwortung scheute sich die Ratsfrau aus Flensburg allerdings auch vorher schon nicht, seit 2007 gehörte sie als Beisitzerin dem Landesvorstand an.

Doch aus ihr spricht auch die von internen Konflikten der Grünen unberührte Generation, wenn sie darauf besteht, sich nicht in irgendeine innerparteiliche Ecke drängen zu lassen. »Für Flügelkämpfe bin ich nicht zu haben.« Sie sieht ihre Aufgabe eher darin, integrierend zu wirken. Auch was die Bündnispolitik ihrer Partei betrifft, zeigt sie sich undogmatisch: »Ausschließeritis ist heute nicht mehr zeitgemäß.«

Während eines einjährigen Aufenthalts in den USA verfolgte Marlene Löhr 2003 geradezu traumatisiert den amerikanischen Angriff auf Irak. Letztlich haben dieses Erlebnis, aber auch die Castor-Transporte ihren politischen Instinkten zum Durchbruch verholfen und sie Mitglied der Grünen werden lassen. Dort hat ihr dann zuweilen vielleicht auch die Fähigkeit geholfen, den Überblick zu behalten. »Wenn andere oder die Situation chaotisch werden, werde ich ruhig.«

Nach einem Studium der Politikwissenschaften entschied sie sich im vergangenen Jahr noch für einen Studiengang der European Studies, der sie auch an die dänische Universität nach Sonderburg führte und zuletzt nach Kopenhagen. Mittlerweise hat sie Dänisch gelernt, »aber mit der Aussprache hapert es noch ein wenig«, setzt sie bescheiden hinzu. Weniger bescheiden ist sie, was ihre präferierten Politikfelder angeht. Gleichstellung, Gesundheits- und Sozialpolitik – hier etwas zu verändern, wäre Grund genug, unvoreingenommen auch die Möglichkeiten einer Jamaika-Koalition auszuloten. Zugleich plädiert sie dafür, dass die Partei sich wieder offensiver außerparlamentarisch artikuliert und die Kampagnenfähigkeit ausbaut. Geht es nach ihrem Willen, lässt die derzeitige Konstellation auf Landes- und Bundesebene nur eine Folgerung zu – Schwarz-Gelb muss eine knallharte Oppositionspolitik der Grünen zu spüren bekommen.

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