Draußen vor der Tür

CDU und FDP blockieren Befragung von Niedersachsens Umweltminister im Asse-Ausschuss

  • Reimar Paul, Hannover
  • Lesedauer: 3 Min.
Der niedersächsische Umweltminister Sander wurde gestern vor den Asse-Ausschuss zitiert. Der Vorwurf: Sein Ministerium enthalte dem Gremium wichtige Dokumente vor.

Großer Medienandrang herrschte gestern im Leibniz-Saal des Niedersächsischen Landtags. Mit Landesumweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) hatte der Asse-Untersuchungsausschuss des Parlamentes erstmals einen verantwortlichen Politiker vor das Gremium geladen. Doch kaum hatte Sander auf dem Zeugenstuhl Platz genommen, mussten er und die zahlreichen Journalisten den Saal schon wieder verlassen. Bis zum Abend standen sie vor der Tür.

Denn die CDU beantragte eine Unterbrechung der öffentlichen Sitzung und setzte dies mit Hilfe der FDP und gegen den Protest der Opposition durch. Der Ausschuss solle zunächst in nicht-öffentlicher Sitzung klären, was an den von der SPD erhobenen Vorwürfen dran sei, Sanders Haus enthalte dem Ausschuss Akten vor. »Sander unter Manipulationsverdacht«, hatte die SPD eine Pressemitteilung überschrieben und große Lücken in den Dokumentenbeständen des Umweltministeriums moniert.

Gestern glaubte die SPD, ihre Behauptung beweisen zu können. Unterlagen des Ministeriums belegten, »dass Akten vorenthalten, verstümmelt und verfälscht wurden«, sagte SPD-Obmann Detlef Tanke. So fehle ein Schriftwechsel zwischen dem Umweltministerium, dem Landesbergamt und der Gemeinde Wittmar in den zur Verfügung gestellten Akten. In einem weiteren Fall, der einen Besuch des früheren Bundesumweltministers Sigmar Gabriel (SPD) im Bergwerk Asse betreffe, seien maßgebliche Teile der Akte vor der Überstellung an den Ausschuss »augenscheinlich« entfernt worden.

Sander müsse deshalb umgehend zurücktreten, forderte Tanke. Sollte er dies nicht tun, fordere die SPD Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) auf, »diesem unwürdigen, unverschämten und verfassungswidrigen Treiben des niedersächsischen Umweltministers ein Ende zu setzen und Herrn Sander abzuberufen«. Auch Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel bekräftigte, die vom Ministerium überstellten Akten seien nicht vollständig.

Drei Minuten später und drei Meter entfernt, lehnte Sander einen Rücktritt ab. Dem Untersuchungsausschuss seien seines Wissens alle fraglichen Dokumente überreicht worden, sagte er sichtlich nervös. Im Übrigen finde er es »merkwürdig, dass mein Rücktritt gefordert wird, ohne dass ich mich vorher zu den Vorwürfen äußern konnte«.

Als kurz darauf Landtagsbedienstete einen Wagen mit frisch kopierten Akten in den Sitzungssaal rollten, entspannte sich Sander. Das seien wohl die letzten der als fehlend monierten Dokumente, meinte er. FDP-Obmann Björn Försterling sprang dem Minister bei. »Die Rücktrittsforderung an Herrn Sander ist hinfällig«, sagte er. »Herr Tanke soll sich bei dem Minister entschuldigen«.

Nach erstem Studium der neuen Dokumente relativierten die Sozialdemokraten am Nachmittag ihre Vorwürfe. Ein Teil der verschwunden gewähnten Akten sei nun zwar aufgetaucht, sagte Tanke. »Sie sind aber nach wie vor nicht vollständig, ungeordnet und nicht transparent.« Der Ausschuss beschloss derweil, sich für zweieinviertel Stunden dem Aktenstudium zu widmen. Die nicht-öffentliche Sitzung sollte am späten Nachmittag aufgenommen werden. »Sander wird wohl erst in den Nachtstunden vernommen werden«, sagte Wenzel. »Wenn überhaupt.«

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