Aderlass für freie Jugendarbeit

Von 55 kommunalen Stellen in Friedrichshain-Kreuzberg werden 41 gestrichen

  • Antje Stiebitz
  • Lesedauer: 2 Min.

Auf die freie Jugendarbeit in Friedrichshain-Kreuzberg kommt ein Aderlass zu: Von 55 kommunalen Stellen werden 41 abgebaut. Vier von zehn Jugendfreizeiteinrichtungen, die sich in kommunaler Trägerschaft befinden, werden in freie Trägerschaft überführt. In vier von fünf Kooperationseinrichtungen wird der kommunale Part aufgegeben. Der So-nett-Kindertreff wird geschlossen, dafür wird ein neuer Jugendclub in der Düttmann-Siedlung entstehen.

All das beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Mittwochabend im Kreuzberger Rathaus in der Yorckstraße. Grüne, SPD und FDP stimmten der Beschlussvorlage des Jugendhilfeausschusses (JHA) zu. LINKE und CDU votierten dagegen.

Andy Hemke (SPD), JHA-Vorsitzender, zeigte sich über die nötige Neueinstellung des Haushaltes zufrieden. Im bisherigen Haushalt, wie ihn Bezirksstadträtin Monika Herrmann (Grüne) vorsah, wären schließlich alle kommunalen Träger in freie Trägerschaft übertragen und 55 kommunale Stellen gestrichen worden. Positiv sei auch, »dass die künftigen Tarife der freien Träger an die kommunalen Tarife angelehnt würden und die Arbeitsverträge für die nächsten drei Jahre abgeschlossen werden«. Das würde dem – von vielen befürchteten – Lohndumping vorbauen und gebe Planungssicherheit. Und die Arbeit, die der So-nett-Kindertreff bislang getan habe, würde künftig vom Mädchentreff Phantalisa aufgefangen.

Ulrike Baumgartner von ver.di bezeichnete die Situation als frustrierend. Es sei wahrscheinlich, dass die Einrichtungen nach der Übertragung mit weniger Personal weiterarbeiten. Da würden beispielsweise aus neun bisherigen Angestellten plötzlich fünf. Dadurch werde die Qualität der Einrichtungen schlechter. Schlimm sei auch, dass über viele Jahre aufgebaute Vertrauensverhältnisse zwischen Jugendlichen und Betreuern zerschlagen würden. »Man hat den Eindruck, dass sich die Abgeordneten mit der Sache überhaupt nicht beschäftigen«, fügte Baumgartner hinzu, und sie fragt sich, ob die betroffenen Erzieher und Sozialarbeiter noch die Kraft haben werden, weiter zu protestieren.

Diese fordern seit vielen Monaten den landesweiten Erhalt und Ausbau aller sozialen Einrichtungen. Ein Rahmenvertrag auf Senats- und Bezirksebene sollte die Offene Jugendarbeit in Zukunft auch bei Haushaltslöchern der Bezirke absichern.

Das Jugendamt hingegen will rund 750 000 Euro durch die Abgabe der freien Jugendarbeit einsparen. Insgesamt wird das Budget des Amts im Haushaltsjahr 2010/11 um 2 Millionen Euro gekürzt. Das neue Konzept soll etwa bis Juni 2010 umgesetzt werden.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal