SUSY, Higgs und HIV

Worauf Forscher im Jahr 2010 hoffen

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 3 Min.

Die rasante Entwicklung der Wissenschaft fördert immer wieder überraschende Ergebnisse zutage. Daneben jedoch lässt sich die Natur trotz intensivster Forschung manche Geheimnisse einfach nicht entlocken. Dennoch geben sich viele Wissenschaftler zum Jahresbeginn optimistisch, dass ihnen der ersehnte Durchbruch in den nächsten zwölf Monaten gelingen werde.

Die Augen der Physiker sind 2010 vor allem auf den neu gestarteten Teilchenbeschleuniger LHC am Genfer CERN gerichtet, wo Protonen fast bis zur Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und dann zur Kollision gebracht werden. In den Trümmern der Zusammenstöße hofft man unter anderem das sogenannte Higgs-Boson zu finden, das nach dem Standardmodell benötigt wird, um anderen Teilchen Masse zu verleihen. Das Standardmodell selbst hat jedoch bislang erhebliche Schwächen: Es umfasst weder die Gravitation, noch kann es die rätselhafte Dunkle Materie erklären. Außerdem macht es Voraussagen, die sich im Experiment nicht verifizieren lassen.

Aus diesem Grund wollen nicht wenige Physiker das Standardmodell wenn nicht ersetzen, so doch zumindest erweitern. Heißer Kandidat für einen neuen Ansatz ist die Theorie der Supersymmetrie, kurz SUSY genannt. Zwar enthält diese gleich doppelt so viele Teilchen wie das Standardmodell, allerdings passen einige SUSY-Vorhersagen besser zu den experimentellen Daten. Wie aber kann man feststellen, ob die Supersymmetrie am Ende nicht eine reine Kopfgeburt ist? Auch SUSY postuliert ein schweres »Geisterteilchen«, das jedoch mit normaler Materie kaum wechselwirkt und so den Grundstoff für die Dunkle Materie liefern könnte: das Neutralino. Würde man, was CERN-Forscher für möglich halten, dieses Teilchen im LHC aufspüren, wäre dies ein sicherer Hinweis darauf, dass das Standardmodell revisionsdürftig ist – und somit auch das Konzept des Higgs-Bosons.

Wonach Mediziner und Molekularbiologen seit Jahren fieberhaft suchen, ist ein Impfstoff gegen die Immunschwäche Aids. Zwar kann man Aids-Kranke inzwischen recht gut behandeln. Die Entwicklung eines Impfstoffs stößt dagegen weiter auf große Schwierigkeiten, die bisweilen unüberwindlich erscheinen.

In diese Tristesse platzte vor einigen Monaten die Nachricht, thailändische Ärzte hätten über 16 000 Freiwillige mit einem Kombinationspräparat geimpft und dabei das Risiko einer Aids-Ansteckung um ein Drittel vermindert. Doch die Erfolgszahlen erwiesen sich als übertrieben. Nach Durchsicht der Daten erklärten unabhängige Forscher, die Ergebnisse der Studie lägen nicht über der Signifikanzschwelle. Somit wäre die geringere Infektionsquote unter den geimpften Probanden auf Zufälligkeiten zurückzuführen. Gleichwohl hat die Studie der Forschung zur Aids-Immunisierung neuen Auftrieb gegeben. Derzeit werden weltweit rund 30 Impfstoffe gegen HIV getestet. Aber allen Hoffnungen zum Trotz, die damit verbunden sind, gilt auch für 2010: Der beste Schutz vor Aids ist immer noch Safer Sex.

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