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Feiern Sie! Machen Sie das.

Der Komponist Kurt Dietmar Richter traf den Maler T. Lux Feininger

  • Lesedauer: 5 Min.
Nach jahrelanger Korrespondenz war es nun endlich soweit: Ich konnte T. Lux Feininger in seinem Haus in Cambridge, MA besuchen. Seit der Produktion und Herausgabe der CD »Feininger Impulse« mit allen Klavier-Kompositionen Lyonel Feiningers (1994) gab es brieflichen Kontakt mit T. Lux. Mit der nächsten von der »neuen brücke« (2007) organisierten CD-Produktion »Lyonel Feininger: Fugenkompositionen für Orgel«, der weltweit erstmaligen Dokumentation, intensivierte sich unser Kontakt. Im Sommer 2009 habe ich nach einer eigenen Veranstaltung in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche Benz auf Usedom (»Des Meeres und der Bilder Wellen« – L y o n e l F e i n i n g e r u n d d i e O s t s e e) viele Orte aufgesucht, an denen Lyonel Feininger auch gemalt hatte und Fotos vom jetzigen Zustand gemacht. Ebenso von Deep in Pommern und Umgebung. Die Resultate dieser Fototour habe ich mit Motiven Lyonels verknüpft und sie T. Lux bei meinem Besuch überreicht. Es waren Orte, die er selbst bei der gemeinsamen alljährlichen Sommerfrische (mit Eltern und Brüdern) kennengelernt hatte.

Richter: Die Bauhauskapelle, eine Jazz-Formation, hatte einen geradezu legendären Ruf. Sie waren doch selbst Mitglied dieses Ensembles?
T. Lux Feininger: Ich hatte während meines Internatsjahres in Dresden-Hellerau die Bauhauskapelle gehört und miterlebt und mir geschworen: Da muss ich auch mitmachen! Und dann begann mein Studium in Dessau und ich konnte meinen Vorsatz realisieren. Erst auf dem Banjo, dann an der Klarinette. Dieses Instrument war quasi die Bedingung für mein weiteres Mitmachen in der Kapelle, aber der Familienetat hatte zunächst keine Position für so eine Ausgabe. Bis mein Vater sagte: Ich kaufe die Klarinette. Und so konnte ich dort dann über drei Jahre aktives Mitglied sein.

Konnten Sie von Auftritten oder von Proben der Bauhaus-Kapelle Tonaufzeichnungen machen?
Leider gab es nie eine Tondokumentation.

Am Bauhaus haben Sie auch Ihre ersten Bilder gemalt.
Mein Freund, der viel zu früh verstorbene Clemes Röseler, Schüler von Wassily Kandinsky, hatte mich zum Malen animiert und ermutigt.

Sie haben diese Bilder dann auch ausgestellt. Wie war die Reaktion darauf, zum Beispiel bei Ihren Kommilitonen?
Sehr differenziert. Wenn auch viele der Meinung waren, ich hätte den »Bauhaus-Stil« nicht getroffen. Aber zum Einen gab es den gar nicht – und ich hätte ihn auch nie gesucht. Es sollte mein eigener Stil sein. Meine persönliche Aussage. Und andere sagten, dass sie kein Interesse hätten für die unter der Fahne des kapitalistischen England, Frankreich und Amerika segelnden Fahrzeuge des »Herren Lux Feininger«. Das war schon schmerzlich, wenn sich Mitstudenten, sonst meine Freunde, so in politisches Fahrwasser treiben ließen.

Von 1924 bis 1935 war Deep (heute: Mrzezyno) ständiges Ziel für Sommeraufenthalte Ihrer Familie gewesen. Doch 1935 begann das Hitler-Regime, die Idylle in einen Luftwaffenstützpunkt umzuwandeln. Ihr Vater berichtet: »Das Militär hat sich des herrlichen, friedlichen Ortes bemächtigt, Teile des Waldes wurden niedergelegt, Gebäude errichtet, Schienen führen durch den Wald, am Strande prangen Unmengen von Hakenkreuzfahnen. Damit ist's für allezeit, für uns, aus.« Sie haben doch in Deep selbst fotografiert, die »Häuser am Fluß« und Ihre Mutter an der Rega-Mündung?
Das stimmt. Wir waren ja gemeinsam dort. Die Rega-Mündung war damals nur mit Buhnen gesichert. Mein Vater hat die Szene mehrmals gemalt.

Heute war ich hier in Cambridge schon im Busch-Reisinger-Museum, um Ihre Bilder dort zu sehen. Ich konnte nicht eines finden.
Sie besitzen vier Bilder von mir. Aber im Moment bauen sie das Haus um. Da hänge ich, mit vielen anderen, im Keller.

Was macht nun Ihr eigenes aktuelles Schaffen, gibt es neue Bildideen?
Ich habe 2009 noch gemalt. Hier sehen Sie das Bild.

»O to sail a ship – to sail and sail and sail« dichtet sehnsuchtsvoll Whalt Whitman. Bei Ihnen ist es auch wieder ein Schiff, ein Segler! Ganz in Ihrer eigenen und in der Familien-Tradition! Aber wirklich gar keine weiteren, keine neuen Bilder?
Einmal muss man einen Schlussstrich setzen können. Ich habe noch so viel zu tun: Ordnung schaffen in meinem Nachlass.

Ich sehe ganz viele geschnitzte Holzfiguren. Viele haben bewegliche Gelenke. Das ist doch gewiss eine Fortspinnung Ihrer Hinwendung zur Tierwelt in den Bildern, die Sie zwischen 1955 und 1966 gemalt haben. Da gab es wundersam gestaltete, geformte Schlangen, wie die »Jararaca«, aber auch Gazellen und andere Tiere in den leuchtenden Farben der »Afrikanischen Landschaften«. Jetzt spüren Sie offenbar mehr der natürlichen Gestalt nach und sind, materialgebunden, sparsamer mit Farb- und Formvarianten, es dominiert der Naturton des Holzes – zum Beispiel bei diesem vergleichsweise gewaltigen Saurier.
Ja, jetzt schnitze ich Tiere. Nicht nur meine Enkel freuen sich. Nebenan stehen noch ganz viele Figuren, schauen Sie sich doch um!

Ist das Schnitzen mit scharfem Messer nicht wesentlich gefährlicher als das Malen mit weichem Pinsel?
Mein Vater hat bis zu seinem Tode selbst Holzfiguren geschnitzt. Er ist aber nicht daran gestorben.

»die neue brücke«, die von mir geleitete Künstlerinitiative, will in Ihrer Geburtsstadt Berlin 2010 Ihren 100. Geburtstag feiern. Sind Sie damit einverstanden?
Feiern Sie! Aber ich kann leider nicht kommen.

Der Abend soll heißen: Von der Bauhauskapelle an die Staffelei – T. Lux Feininger zum 100. Geburtstag. Und es gibt natürlich auch viel Musik dabei.
Machen Sie das.

Theodore Lux Feininger wird am 11. Juni 1910 in Berlin-Zehlendorf geboren, als dritter Sohn von Julia und Lyonel Feininger, der 1919 als Meister an das neugegründete Bauhaus in Weimar berufen wird. Von 1926-1929 studiert T. Lux am Bauhaus, das nach Dessau umgesiedelt ist, wird von 1928-32 Mitglied der Bauhauskapelle. Mit Fotos und eigenen Bildern tritt er bald an die Öffentlichkeit, signiert mit Theodore Lux. 1931 hat er seine erste Einzelausstellung am Kunstverein Erfurt, später an der Galerie Nierendorf in Berlin. 1936 verlässt er angesichts der politisch bedrückenden Entwicklung Deutschland, Übersiedlung nach New York. Von 1942-1945 steht er im Dienst der US Army, hat 1947 die erste Ausstellung mit seinem komplettem Namen T. Lux Feininger, wird 1953 Dozent an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts, von 1962-1975 am Museum of Fine Arts in Boston. Seit 1975 lebt er in Cambridge und arbeitet neben umfassender Thematik vor allem an Tier- und Marinebildern.

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