Vom Musterschüler zum Problemfall

Oettingers Nachfolger findet leere Kassen vor

  • Henning Otte, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Baden-Württembergs künftiger Regierungschef, Stefan Mappus, arbeitet derzeit an seiner ersten Regierungserklärung. Darin wird er erläutern müssen, was er in Zeiten leerer Kassen bis zur Wahl noch bieten will.

Stuttgart. Es ist ein Joch, das Günther Oettinger (CDU) seinem Nachfolger übergibt. Der künftige baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) muss damit leben, dass er kaum Geld ausgeben kann. Im Doppeletat 2010/11 nimmt das Land bereits Rekordschulden auf. Und jetzt wurde bekannt, dass auch in den kommenden Jahren die Steuerausfälle dramatisch hoch sind. Deshalb sieht die CDU/FDP-Koalition keine andere Möglichkeit für das Land, als mindestens bis 2013 auf Pump zu leben.

»Netto-Null« war einmal

Für den einstigen Musterschüler Baden-Württemberg in Sachen Finanzpolitik ist das eine miserable Aussicht. Dabei hatte der scheidende Regierungschef Oettinger 2008 und 2009 jeweils die »Netto- Null« erreicht. Nun aber machte ihm die Krise einen Strich durch die Rechnung. Die Startbedingungen für Mappus, der am 28. Januar zum neuen Regierungschef gewählt werden soll, sind alles andere als ideal – und das gut ein Jahr vor der Landtagswahl.

Mappus arbeitet bereits intensiv an seiner ersten Regierungserklärung. Darin wird er den Baden-Württembergern erläutern müssen, was er ihnen in Zeiten leerer Kassen bis zur Wahl noch bieten will. Zwar sagte er zuletzt, die Konsolidierung des Haushalts habe oberste Priorität. Doch im Gegensatz zu Oettinger trommelt der CDU-Fraktionschef trotz der Haushaltslöcher Seite an Seite mit der FDP für weitere Steuersenkungen zugunsten des Mittelstandes. Als Regierungschef müsste er die zumindest kurzfristigen Folgen für den Landeshaushalt ausbaden.

Aufschub bis zur Wahl?

Finanzminister Willi Stächele (CDU) ahnt Böses und dringt auf drastische Sparmaßnahmen: »Schmerzhafte Einschnitte in einer nie da gewesenen Form werden konkret gemacht werden.« Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke mahnt: »Wir müssen in die Strukturen gehen.«

Die Frage ist nur: Wann? Vieles deutet darauf hin, dass der Rotstift bis zur Wahl im März 2011 nicht gezückt wird. Schließlich steht der Doppelhaushalt 2010/11 mit den Rekordschulden von bisher 4,5 Milliarden Euro schon. Und dann können CDU und FDP ja auch noch auf die Konjunktur und die Wirkung der steuerlichen Impulse hoffen.

Stächele ist in Bezug auf weitere rasche Steuersenkungen ähnlich skeptisch wie Oettinger und die CSU. Die mittelfristige Finanzplanung werde »auch realistische Daten zur Einschätzung von Steuersenkungsplänen liefern«, stichelt der CDU-Politiker in Richtung FDP.

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