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Eiszeit und Tauwetter

DGB und FDP debattieren »kontrovers« / Die SPD nähert sich dem DGB an

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Keine wirkliche Annäherung zwischen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und dem DGB bei dessen Vorstandsklausur. Mit der SPD vereinbarte der DGB indes Wiederannäherung.

»Heute ist Tauwetter, wie schön«, sagte Bundesaußenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) beim Auftaktsmalltalk bei der Bundesvorstandsklausur des DGB im brandenburgischen Neuhardenberg. »Aber Sie wissen auch, wie schnell die Eiszeit wieder kommen kann«, konterte DGB-Chef Michael Sommer. Dann schlossen sich die Türen.

Als sie sich wieder öffneten und die beiden im Schloss Neuhardenberg vor die Presse traten, sprach Sommer von einem »sehr offenen, aber auch kontroversen« Gespräch. Große Differenzen gebe es bei der Steuerpolitik und dem Staatsverständnis, das dahinterstehe, so Sommer. »Niemand hat erwartet, dass wir uns in den Positionen annähern.« Gemeinsamkeiten habe es etwa bei den Arbeitnehmerrechten gegeben.

Westerwelle bestätigte, dass es bei den Arbeitnehmerrechten und beim Datenschutz durchaus Gemeinsamkeiten gebe. »Bürgerrechte enden nicht in einem Betrieb, sondern gelten umfassend«, sagte Westerwelle. Er könne nicht akzeptieren, dass Arbeitnehmer »bis in die Umkleidekabine beobachtet, gefilmt oder vielleicht sogar abgehört werden«. Auch bei internationalen Menschenrechten habe er Wachsamkeit zugesichert. Menschenrechtsverstöße seien nicht akzeptabel, und das gelte auch für die Länder, in denen Gewerkschafter verfolgt oder ermordet würden.

Strittig bleiben zwischen Bundesregierung und Gewerkschaften indes die Ansichten zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz und zu weiteren Steuerentlastungen und dem damit verbundenen prinzipiellen Staatsverständnisses. Da gebe es »starke Differenzen«, so Sommer.

Dem zum jüngsten Vorstoß des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU), eine verschärfte Arbeitspflicht für Hartz-IV-Betroffene einzuführen, erteilte der Vizekanzler eine klare Absage: »Ich sehe nicht die Notwendigkeit, irgendwelche Abschreckungsmaßnahmen in die Hartz-IV-Gesetzgebung einzufügen.«

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, der kurz nach Westerwelle den Weg ins verschneite Neuhardenberg fand, nannte Koch einen »Radikalen im öffentlichen Dienst«, der für die Konservativen und Reaktionäre durch die »Wiedereinführung der Arbeitsfront« am rechten Rand Stimmen fischen solle.

Mit drei Themen im Gepäck sei er gekommen sagte Gabriel. Erstens wolle er das Gespräch über die Krisenbewältigung fortsetzen. Die Steuergeschenke der Bundesregierung halte er dabei für einen »Riesenfehler«. Zweitens müsse über »notwendige Korrekturen« bei den Arbeitsmarktreformen geredet werden, also bei den umstrittenen Hartz-Gesetzen – Konkretes war dazu weder von Sommer noch von Gabriel zu hören. Und Drittens müsse man über eine gerechte Steuerpolitik bzw. die Verteilungsungleichheit in der Gesellschaft reden.

DGB und SPD übten sich im Schulterschluss, war es doch unter Schröder zur Entfremdung gekommen. Gabriel betonte, die »organisierten Arbeitnehmer« seien nach wie vor der wichtigste Partner der Sozialdemokraten.

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