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Verschwundene und neue Vogelschar
Ja, früher mal ..., möchte man sagen. Denn tatsächlich: In unserem Garten ist die Vogelwelt in den letzten Jahrzehnten ohne ersichtliche Ursache verarmt. Als wir vor 27 Jahren unser Haus im lockeren Siedlungsgebiet am Berliner Stadtrand bezogen, habe ich im Frühling morgens vor dem Aufstehen oft dem Vogelgesang gelauscht. Selbst wenn ich heute bis Mittag im Bett bliebe, würde ich womöglich nicht einmal eine Amsel hören. Buchfink und Girlitz sind verschwunden, der Hausrotschwanz, früher nach dem Sperling zweithäufigster Vogel, ist nur noch selten zu hören. Amseln brüten im Garten, singen aber wenig. Die ferner im Lied aus der anonymen Vogelschar herausgehobenen Stare sind andererseits längst auch im Winter da (was nicht ausschließt, dass manche Zeitungen sie nach altem Brauch als Frühlingsboten vermelden). Zu den wenigen Neuzugängen gehören die Türkentauben (Foto: Sedlag), die lange Zeit nur in der Innenstadt lebten.
Überaus zahlreich sind die Haussperlinge. Ich habe ihnen angewöhnt, mir zur warmen Jahreszeit beim Essen auf der Terrasse Gesellschaft zu leisten und bin sicher, dass sie die Jungen nicht nur »vorschriftsmäßig« mit Insekten, sondern auch mit Toastbrot füttern. Zweifellos trägt zum Blühen ihrer Population bei, dass sie bei den in der Nachbarschaft gehaltenen Brieftauben mitfressen dürfen. Der Vorgarten, in den ich vom Schreibtisch aus blicke, ist ein beliebter Spielplatz der Spatzen. Ein winziger Teich ist Tränke und Badegelegenheit, und unter einem Wacholder nehmen sie bei offenem Wetter Staubbäder, bei denen es um die dafür genutzten kraterförmigen Gruben mehr Streit gibt als um Futter, Badeplätze oder Nestmaterial. Nur selten mischt sich hier auch jetzt bei der Winterfütterung ein Feldsperling (braune Kappe und Wangenfleck!) unter die Haussperlinge. Wo immer sie sich sonst aufhalten: Seit vielen Jahren besetzen sie im Frühjahr einen bestimmten Nistkasten, in dem schon Eltern, Großeltern und Urahnen heranwuchsen.
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