Klimaschutz mit Wenn und Aber

Unternehmen wollen von Gesetzesvorhaben Lompschers am liebsten ausgenommen werden

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Klimaschutzgesetz könnte wie ein Konjunkturpaket für die lokale Bauwirtschaft wirken. ND-
Das Klimaschutzgesetz könnte wie ein Konjunkturpaket für die lokale Bauwirtschaft wirken. ND-

Das Klima wollen alle retten. Doch wenn es um die konkrete Umsetzung geht, ist die »Ja, aber-Ausrede-Mentalität« immer noch verbreitet. Das zeigte nicht nur jüngst der Klimagipfel in Kopenhagen, sondern ist auch in der scharfen Diskussion um das geplante Klimaschutzgesetz von Umweltsenatorin Katrin Lompscher (LINKE) zu spüren. Sowohl Wohnungswirtschaft als auch Unternehmervereinigungen in Berlin lehnen die bisherigen Planung für ein Klimaschutzgesetz, die vornehmlich auf Sanktionen beruhte, ab. Genau wie inzwischen auch der Koalitionspartner SPD – im Februar will Lompscher deshalb einen neuen Gesetzentwurf präsentieren.

Grund genug für die Vereinigung der Unternehmerverbände in Berlin und Brandenburg (UVB), sich erneut mit einem eigenen »Vorschlag« in die Debatte um das Klimaschutzgesetz einzuschalten. »Die Green Economy ist mit 500 Unternehmen in Berlin ein Wirtschaftsfaktor«, sagt UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck, der das Potenzial und die Wachstumschancen bei klimafreundlichen Sanierungen und Produktionen durchaus anerkennt. Dass jedoch Industriegebäude Wohn- und Bürohäusern gleichgestellt werden, ist Amsinck ein Dorn im Auge. »Industriegebäude müssen aus dem Klimaschutzgesetz herausgenommen werden«, fordert Amsinck und verweist auf die unterschiedlichen Bedingungen etwa in der Pharma-Industrie oder der Motorenproduktion. »Jede Produktionsstätte ist ein Unikat«, so Amsinck. Wenn für diese Industriegebäude, die teilweise älteren Datums sind, Investitionen nach dem Klimaschutzgesetz erfolgen müssten, wäre dies eine »Sonderlast« für die Unternehmen – und ein »Standortnachteil«. Denn außer in Baden-Württemberg und wie geplant in Berlin gibt es bisher in anderen Bundesländern keine Klimaschutzgesetze. Der UVB fordert nun eine Bewertung des Bestandes an Produktionsgebäuden. Anhand dieser Daten soll dann eine Folgekostenabschätzung vorgenommen und erst dann aufgrund dessen das neue Klimaschutzgesetz formuliert werden.

Ulf Sieberg vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) hält die Datenerhebung für sinnvoll. Genauso wie ein differenziertes Vorgehen bei der Bewertung von Gebäuden nach Gewerbe-, Industrie- oder Wohnnutzung. Dass die Industrie aber gänzlich aus dem Klimaschutzgesetz ausgenommen werden möchte wie in Baden-Württemberg, hält Sieberg mit Blick auf die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen für falsch. »Alle müssen etwas tun.« Zusammen mit IHK und Mieterbund hat der BUND Ende 2009 ebenfalls einen Vorschlag für ein Klimaschutzgesetz erarbeitet: Statt auf Verbote setzt dieser auf ein Stufenmodell, das zu einem Stichtag Grenzwerte für den Energieverbrauch vorgibt. Wie diese erfüllt werden, also ob ein Eigentümer energetisch saniert oder seine Heizung modernisiert, soll dabei jedem selbst überlassen sein.

Das Stufen-Konzept stößt auch in der SPD auf Zustimmung. Und jetzt auch in der Umweltverwaltung. Dort verweist man im Übrigen darauf, dass an dem Klimaschutzgesetz mit Hochdruck gearbeitet werde. Dass es in der Industrie Gebäude von der Lagerhalle bis zum Bürotower gibt, wird berücksichtigt werden, versichert Sprecherin Marie-Luise Dittmar ND. »Es wird ein differenziertes Modell geben.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal