Gastkolumne

Das Größte

  • Jan Hoffmann
  • Lesedauer: 3 Min.

In Vancouver haben die Olympischen Spiele begonnen –. das spannende, herausragende Event des Weltsports. Ich selbst habe die Kanadier 1972 in Calgary und 1978 in Ottawa als sympathische und begeisterte Gastgeber von Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften erlebt. Das wird bei den Spielen 2010 sicher nicht anders sein.

Olympia! Ich hatte das Glück, gleich sechsmal dabei zu sein: viermal als Eiskunstläufer (1968, 1972, 1976, 1980) und zweimal (1994, 1998) als Preisrichter. Und ich sage heute wie damals: Olympische Spiele sind das Größte im Leben eines Sportlers. Sie sind mit Weltmeisterschaften nicht zu vergleichen. Eine WM-Medaille im Eiskunstlauf kann man jedes Jahr gewinnen – eine olympische nur alle vier Jahre. Darauf arbeiten Athleten und Trainer jahrelang ganz intensiv hin.

Mein Silber in Lake Placid 1980 ist die wertvollste Medaille, die ich in meiner Karriere erkämpft habe – und das obwohl ich bei zehn Welt- und neun Europameisterschaften insgesamt 14 Medaillen gewonnen habe und zweimal Weltmeister war. Aber diese Silberne ist für mich Gold wert. Nach vier Anläufen stand ich endlich auf dem Treppchen der Besten, nachdem ich zur Eröffnung der Spiele 1980 die DDR-Fahne getragen hatte. Eine Ehre, die gestern Bobpilot André Lange hatte.

1968 in Grenoble habe ich meine olympische Taufe erlebt – mit gerade mal zwölf Jahren. An den Wettkampf selbst – ich wurde nur 26. – kann ich mich kaum erinnern. Im Gedächtnis geblieben sind mir die Begegnungen mit Athleten aus aller Herren Länder im Olympischen Dorf, die kameradschaftlichen Kontakte, das Aufeinanderzugehen – so etwas bietet in dieser Form nur Olympia.

Die Spiele sind ein weltumspannendes Ereignis. Sie müssen mit etlichen Einwänden und Vorwürfen leben, wenn ich nur an die immer größeren Dimensionen, die auch mir missfallen, oder an die vom IOC forcierte Kommerzialisierung denke. Der Sport hat, verglichen mit meiner aktiven Zeit, einen erheblichen Wandel erfahren. Kommerz und Doping sind zu beherrschenden Themen geworden. Das wird sich in Zukunft wohl kaum ändern.

Ein Wort noch zum Doping, dass unmittelbar vor der Eröffnung wieder stärker in den Fokus rückt. Ich bin Arzt und lehne schon von daher Doping strikt ab, so wie ich alle illegalen Praktiken verurteile, mit denen Sportler sich einen Vorteil zu verschaffen suchen. Sieg um jeden Preis – das ist eine falsche Maxime. Was mich an der Dopingdebatte aber stört, sind die in diesen Tagen wieder erhobenen Vorwürfe gegen deutsche Wintersportler. Pauschale Anschuldigungen finde ich – schlicht gesagt – höchst unfair. So etwas vergiftet die Atmosphäre und hilft in der Sache keinen Schritt voran.

Wie auch immer: Ab heute werden wir zwei Wochen lang Zeugen werden, wie gut es dem Weltsport tut, dass es Olympia gibt.

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