Durchboxen

  • Kira Taszman
  • Lesedauer: 2 Min.

Überwältigt von so viel Zuspruch – aber glücklich – steht der indische Filmschauspieler auf der Bühne des ausverkauften Kinos. In ein edles schwarzes Gewand gehüllt, nimmt er den donnernden Applaus des Publikums entgegen. Nein, sein Name ist nicht Khan, und selbst Cineasten wird er nicht bekannt sein. Denn Mohammed Faizal ist erst zwölf Jahre alt und spielt seine erste große Kinorolle in »Road, Movie«, dem Eröffnungsfilm der Generation-Reihe.

Auf die Frage, wie ihm das Festival gefalle, sagte er am Freitagabend im »Babylon«, er sei sprachlos. Seine Filmpartner und Regisseur Dev Benegal halfen ihm verbal aus. Mohammed sei zum ersten Mal im Ausland und sehe auch zum ersten Mal Schnee. Im Film, der in der Wüste spielt, musste er dagegen bei Temperaturen von über 40 Grad spielen.

Mohamed Faizal ist auf der Straße groß geworden. Heute wohnt er im Heim des Salaam Baalak Trust für Straßenkinder, den die indische Filmregisseurin Mira Nair gegründet hat. Die Stiftung nahm den wohnungslosen Mohammed auf und ermöglichte ihm den Schulbesuch. Außerdem gehört der Junge mit dem charmanten Lächeln, der auf der Leinwand aber durchaus den Rotzlöffel geben kann, dem Theater-Ensemble des Trusts an.

Von einer anderen Erfolgsgeschichte erzählt Gerardo Milszteins Panorama-Doku »Friedensschlag – Das Jahr der Entscheidung«. Jugendliche Straftäter werden hier von Bewährungshelfern unterstützt: bei der Suche nach einer Lehre, durch Gesprächsrunden und…Boxen. Bei der umjubelten Nachmittags-Premiere am Samstag kommentierte einer der jungen Porträtierten lakonisch: »Es ist schon ein bisschen peinlich, sich so im Film zu sehen, aber Gerardo hat das gut hingekriegt.«

Die Geschichte einer Masse Unterprivilegierter, die sich – neuerdings in zweieinhalb Stunden – zu ihren kapitalistischen Unterdrückern in der Oberstadt im wahrsten Sinne des Wortes hoch kämpft, kennt man auch unter dem Namen »Metropolis«.

Neben ein paar Dutzend verlassener Champus- und Bierflaschen wohnten am Freitagabend auf dem verschneiten Pariser Platz noch einige hundert hartnäckige Stummfilm-Fans den letzten dreißig Minuten der Gratis-Vorstellung der restaurierten Fassung bei. Gegen drohende Frostbeulen wurde getippelt, gestampft, getanzt oder – bei Pärchen besonders beliebt – sich in Wolldecken gehüllt. Die Schlauen erspähten den Showdown des Fritz-Lang-Klassikers dagegen durch die Glasfassade im Eingangsbereich der warmen (!) Akademie der Künste.

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